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Editorial: Krank oder gesund?

Die Wintermonate setzen mir jedes Jahr zu. Wenn ich schon vor Sonnenaufgang aus dem Bett muss und erst im Dunkeln aus dem Büro nach Hause komme, drückt das auf meine Stimmung. Dann fällt mir auch das Aufstehen schwer, ich ermüde leicht und habe wenig Lust auf Unternehmungen. Lieber kuschele ich mich zu Hause ein und nasche Weihnachtskekse. Sicher geht es vielen Menschen wie mir. Doch dieses Muster von gedrückter Stimmung, Müdigkeit und Antriebslosigkeit in der dunklen Jahreszeit kann auf eine Winterdepression hinweisen. Bin ich also krank – oder noch gesund und in dem Bereich, den wir »normal« nennen würden?

Unser Autor Merlin Wassermann beschäftigt sich ab S. 12 mit der Frage, wie wir psychische Krankheiten definieren und was bei der Diagnose eine Rolle spielt. In seinem Text weist er auf zwei zentrale Faktoren hin, die mitbestimmen, ab wann ein Zustand pathologisch wird: die Schwere des subjektiv empfundenen Leids und der Grad der alltäglichen Beeinträchtigung.

Die Grenzen sind allerdings fließend und zudem ständig im Wandel. Was wir heute als Störung sehen, kann morgen auch wieder aus den Diagnoseleitfäden verschwinden und als Teil der normalen menschlichen Vielfalt betrachtet werden. Umgekehrt kann etwas, das wir heute noch nicht als krankhaft betrachten, zukünftig so definiert werden. Letzteres lässt sich zum Beispiel beim Traumabegriff beobachten. Während anfangs vor allem bei Kriegsveteranen eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde, sind die Kriterien für ein Trauma heute weiter gefasst. Manche Fachleute finden jedoch, dass sie weiterhin zu viele traumatisierte Menschen ausschließen. Die Debatte dazu fasst Jessica Hamzelou ab S. 19 zusammen.

Eine erhellende Lektüre wünscht Ihnen
Michaela Maya-Mrschtik

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