Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Technologie: Mit Wasserstoff zu sauberem Stahl

Wenn Wasserstoff als Allheilmittel für Klimaneutralität gepriesen wird, lohnt es sich, genau hinzuschauen. In der Stahlbranche könnte das Gas allerdings tatsächlich viel bewirken.
Im Stahlwerk von ThyssenKrupp
Weltweit wurden im Jahr 2022 rund 1,9 Milliarden Tonnen Stahl hergestellt.

Der weiß glühende Strom aus flüssigem Eisen reißt nie ab. Tag und Nacht fließt das Metall in einem Stahlwerk in Nordschweden aus einem Loch am Boden eines gewaltigen, 90 Meter hohen Hochofens. Oben aus dem Ofen schießt ebenso unablässig Kohlenstoffdioxid heraus.

Das Gas entsteht beim Verbrennen der Kohle, die den Hochofen antreibt. Mit jeder Tonne Eisen, die zu Stahl verarbeitet wird, bilden sich in diesem Ofen 1,6 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2), erzählt Martin Pei, Cheftechnologe beim schwedischen Unternehmen SSAB, dem das Werk hier in Luleå gehört. Weltweit arbeiten Hunderte ähnlicher Hochöfen, die meisten davon stoßen sogar mehr Treibhausgas aus. Auf dem Weg vom Eisenerz zum Stahl verbrauchen noch weitere Arbeitsschritte viel Energie, und so gehen rund sieben Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf das Konto der Stahlerzeugung. Nach einigen Schätzungen ist das vergleichbar mit dem Ausstoß aller Personenkraftwagen der Welt zusammengenommen.

Doch nur wenige hundert Meter entfernt von dem Ofen in Luleå steht ein kleinerer, der ebenfalls Stahl produziert und dabei deutlich weniger Kohlenstoffdioxid freisetzt. Statt mit Kohle arbeitet diese Pilottechnologie mit Wasserstoff, statt CO2 entweicht Wasserdampf. »Das ist die neue Art der Stahlherstellung, mit der wir im Prinzip das gesamte Kohlenstoffdioxid eliminieren können«, sagt Pei.

Stahl mit Hilfe von Wasserstoff zu erzeugen, das geht nicht komplett ohne Umweltbeeinträchtigung: Während mancher Schritte wird immer noch CO2 freigesetzt, außerdem muss das Eisenerz nach wie vor abgebaut werden. Dennoch hat das Werk an diesem Standort 2021 den weltweit ersten »grünen Stahl« fabriziert. Der Wasserstoff wurde mit Hilfe CO2-armen Stroms aus Wasserkraft, Kernkraft und Windkraft gewonnen, von dem in Schweden reichlich vorhanden ist. Die Pilotanlage gehört dem Joint Venture HYBRIT. SSAB hat das Unternehmen 2016 mit dem schwedischen Energieversorger Vattenfall und dem Bergbauunternehmen LKAB gegründet, das hoch im Norden Schwedens hauptsächlich Eisenerz abbaut.

Klimaneutralen Stahl zu erzeugen ist nur eine von vielen Möglichkeiten, wie Wasserstoff helfen soll, die Weltwirtschaft zu dekarbonisieren …

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Klimaschutz - Herausforderung für die Wirtschaft

Superwahljahr, Wasserstoff und Konsum verbindet allesamt der Klimaschutz - denn welche Entscheidungen hier getroffen werden, beeinflusst Leben sowie Umweltbedingungen zukünftiger Jahre. Wo lassen sich Treibhausgasemissionen senken und welche Einsparungen haben die Konsumenten selbst in der Hand?

Spektrum - Die Woche – Der Umbau der Chemieindustrie

Täglich entstehen in riesigen Fabriken zahllose Stoffe, die wir in unserem Alltag nutzen – allerdings nur dank fossiler Rohstoffe und eines extrem hohen Energieverbrauchs. In dieser »Woche« geht es um den Umbau der Chemieindustrie hin zur Klimaneutralität. Außerdem: Gibt es sie, die »Zuckersucht«?

Spektrum der Wissenschaft – Klimawende für Energie und Industrie

»Klimawende für Energie und Industrie« zeigt auf, welche Anstrengungen unternommen werden müssen, um zahlreiche Industriesektoren auf Klimaneutralität umzustellen. Einerseits geht es dabei darum, woher die Energie in Zukunft kommen soll, wie sie gespeichert und genutzt wird, andererseits geht es aber auch darum, die Rohstoffe und die Produktionsmethoden insbesondere in den Branchen Stahl, Zement und Chemie anzupassen. Innovationen bei Techniken wie Wasserstoff, Wärmepumpen oder Kraftwerksbau können Lösungen bieten.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

International Energy Agency: World energy outlook 2022. IEA 2022

Jenkins, J. D. et al.: Getting to zero carbon emissions in the electric power sector. Joule 2, 2018

National Engineering Policy Centre: The role of hydrogen in a net zero energy system. Royal academy of engineering, 2022

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.