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News: Die Uhr ging falsch

Der radioaktive Zerfall bestimmter Elemente ist seit jeher wichtiges Handwerkszeug zur Bestimmung des Alters von Gesteinen und Mineralen. Wesentliche Voraussetzung ist dabei die genaue Kenntnis der Halbwertszeit. Sie bestimmt, wie genau die "geologische Uhr" tickt. Jetzt stellte sich heraus, dass eine dieser Uhren das Alter der ältesten Minerale der Erde unterschätzte.
Anders als im normalen Leben messen Geowissenschaftler die Zeit in Millionen und Milliarden Jahren messen. Nur in solchen Dimensionen können sie Fragen der Erdgeschichte beantworten. Für die Zeitbestimmung stehen den Forschern verschiedene "Uhren" zur Verfügung, die auf dem Zerfall natürlich vorkommender radioaktiver Isotope beruhen. So zerfällt etwa das radioaktive Isotop Uran-238 mit der Zeit zu dem stabilen Isotop Blei-206. Die Verhältnisse der Uran- und Blei-Isotope in einem Mineral oder Gestein geben auf diese Weise Aufschluss über die Zeit, die seit der Bildung vergangen ist. Jedes Mineral und Gestein enthält deswegen seine eigene innere "Uhr".

Damit man die geologische Uhr richtig ablesen kann, muss die Zerfallsrate der radioaktiven Isotope bekannt sein. Erik Scherer und seine Kollegen von der Universität Münster haben nun eine dieser geologischen Uhren neu kalibriert: das Lutetium-Hafnium-System, das auf dem Zerfall des radioaktiven Lutetium-176 (176Lu) zum stabilen Hafnium-176 (176Hf) beruht und eine Halbwertszeit von etwa 37 Milliarden Jahren hat.

Die Forscher bestimmten die Halbwertszeit des 176Lu, indem sie das Lu-Hf-System mit der Uran-Blei-Methode abglichen, wobei sich zeigt, dass die so ermittelte Zerfallsrate gut mit experimentellen Ergebnissen übereinstimmen. Dabei werden die Zerfälle direkt gezählt und daraus die Halbwertszeit berechnet.

Das 176Lu/176Hf-System eignet sich insbesondere für sehr alte Gesteine, doch zeigen die Ergebnisse von Scherer und seinen Kollegen, das die bislang zugrunde gelegte Zerfallsrate des Lutetium-176 von 1,93 bis 1,94·10-11 Zerfällen pro Jahr um mehr als vier Prozent von ihrem neu bestimmten Wert abweicht. Auf den ersten Blick scheint dies nicht viel, korrigiert man jedoch die bisherigen Altersbestimmungen der ältesten Minerale der Erde aus Grönland und Australien, bedeutet dies, dass sie auf Kontinenten entstanden, die fast so alt sind wie die Erde selbst.

Die frühe Geschichte der Erde muss wohl neu geschrieben werden, denn die Forscher sind sicher, dass es schon 200 Millionen Jahre nach der Erdentstehung vor 4,56 Milliarden Jahren die ersten Kontinente gab. Kaum zu glauben, denn niemand hat bisher für möglich gehalten, dass die festen Krustenbestandteile das überaus heftige Bombardement durch Meteoriten während der ersten 500 bis 600 Millionen Jahre der Erde überstanden haben könnten.

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