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Röntgensatellit Hitomi: Ein Softwarefehler brachte das Ende

Es ist eine wissenschaftliche Tragödie: Die Zukunft der Röntgenastronomie endete mit einer falsch gepolten Düse und einem außer Kontrolle geratenen Satelliten - zumindest vorerst.
Röntgensatellit Hitomi

In den nächsten Tagen werden rund 250 Millionen Euro in der Atmosphäre unseres Planeten verglühen, dann nämlich, wenn die letzten Bestandteile des japanischen Röntgenobservatoriums Hitomi aus dem Weltall abstürzen. Der hoch gelobte Satellit war bereits kurz nach dem Start in Schwierigkeiten geraten. Bestand zunächst noch Hoffnung auf ein Wiederbeleben, hat die zuständige Weltraumagentur JAXA inzwischen den Satelliten offiziell aufgegeben.

Mindestens zehn Bauteile, darunter beide Solarpaneele, sind im Lauf der Zeit von Hitomi abgebrochen. Grund dafür war wohl seine außer Kontrolle geratene Rotation, wie "Nature" berichtet.

Inzwischen lässt sich der Unfallhergang genau rekonstruieren. Laut dem Wissenschaftsmagazin lieferte ein Instrument zur optischen Sternennavigation beim Überflug über Südamerika beharrlich falsche Daten. Als der Satellit am 26. März just in diesem Abschnitt seiner Umlaufbahn eine Drehbewegung vollführte, schaltete seine Software auf ein Alternativsystem, das mittels Gyroskopen die Ausrichtung des Fluggeräts ermittelt. Doch auch die Gyroskope sendeten falsche Daten und meldeten eine Rotationsbewegung an den Satelliten, die dieser mit kleinen Reaktionsrädern auszugleichen versuchte. Ein weiterer Mechanismus, der die nun extrem schnell rotierenden Reaktionsräder bremsen sollte, versagte, woraufhin Hitomi anfing, sich immer schneller zu drehen. Darauf versetzte sich der Satellit in den Sicherheitsmodus und begann mit einer Lagekorrektur anhand von Steuerdüsen. Hier ereignete sich wohl der letztendlich fatale Fehler in der Ereigniskette: Auf Grund falscher Kommandos verstärkte eine Steuerdüse die Drehbewegung, statt sie zu verlangsamen. Wie es zu diesem Softwarefehler kam, ist noch Gegenstand aktueller Untersuchungen. Messungen vom Erdboden aus zufolge rotierte Hitomi schließlich einmal alle 5,2 Sekunden um seine Achse.

Die Hitomi-Mission wurde als "Zukunft der Röntgenastronomie" gepriesen, ihr Scheitern sei eine "wissenschaftliche Tragödie", sagt etwa Richard Mushotzky von der University of Maryland in College Park. An Bord hatte der Satellit hoch entwickelte Röntgenteleskope, darunter ein Kalorimeter zur Vermessung von Röntgenphotonen mit zuvor unerreichter Präzision.

Weil sich Hitomis Vorgängermissionen schon als Fehlschläge erwiesen hatten, setzte die japanische Raumfahrtbehörde erste Messungen bereits kurz nach dem Start an. Dadurch könnte Hitomi der Nachwelt vielleicht doch noch einige Erkenntnisse bescheren: Es gelang den Wissenschaftlern drei Tage lang die Geschwindigkeit von Gaswolken im Perseus-Galaxienhaufen zu vermessen. Die Daten könnten Aufschluss über die so genannte Dunkle Energie geben.

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