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Klimawandel: Die Jahresuhr geht falsch

Der Klimawandel verschiebt zunehmend die Jahreszeiten. Das hat Folgen: für die Gesundheit der Menschen, die Landwirtschaft und ganze Ökosysteme, die mehr und mehr aus dem Gleichgewicht geraten.
Ein Mann steht in einem Park in Osaka mit blühenden Kirschbäumen.
Die Kirschblüte findet inzwischen immer früher im Jahr statt. Das zeigen wissenschaftliche Zeitreihen, zum Beispiel aus Japan.

Die Nase läuft, die Augen jucken und tränen – und das oft schon im Januar: Menschen mit Heuschnupfen erleben seit einigen Jahren am eigenen Leib, was es bedeutet, wenn sich die Jahreszeiten verschieben. Auf Grund des Klimawandels beginnt die Pollensaison in gemäßigten Regionen inzwischen früher und dauert länger. Pflanzen wie etwa die Hasel, auf die manche Menschen mit Heuschnupfen allergisch reagieren, blühen immer früher. Die verlängerte Vegetationszeit erhöht zudem das Risiko, überhaupt eine allergische Atemwegserkrankung zu entwickeln.

Der Einfluss des Klimawandels auf die Jahreszeiten lässt sich aber nicht nur an der Hasel beobachten, sondern auch an Getreidearten wie Mais, Weizen und Gerste oder an Obstbäumen wie Kirsche, Apfel und Mango. Tiere aus verschiedenen Gruppen, von Insekten über Reptilien bis hin zu Säugetieren, sind ebenfalls betroffen, ebenso Kleinstlebewesen wie Plankton: Ihr Lebensrhythmus gerät durch die Erderwärmung zunehmend aus dem Takt.

Das Forschungsgebiet, das sich mit wiederkehrenden Entwicklungsvorgängen bei Pflanzen und Tieren befasst, wird auch Phänologie bezeichnet. Forscherinnen und Forscher beobachten etwa, wann bestimmte Pflanzen zu blühen beginnen, Früchte ausbilden und ihre Blätter abwerfen oder wann Tiere brüten, migrieren oder sich fortpflanzen. Jahreszeitliche Verschiebungen können dabei nicht nur Menschen mit Heuschnupfen treffen, sondern sogar zu Ernteeinbußen führen und Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen.

Der Frühling beginnt heute schon im Januar

In Deutschland können die Verschiebungen der Jahreszeiten gut anhand der phänologischen Uhr des Deutschen Wetterdienstes (DWD) veranschaulicht werden. Statt der vier astronomischen Jahreszeiten unterscheidet die Phänologie hier zu Lande zehn Jahreszeiten. Frühling, Sommer und Herbst sind jeweils dreigeteilt: Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling, darauf folgen Frühsommer, Hochsommer und Spätsommer, dann Frühherbst, Vollherbst und Spätherbst. Jede Jahreszeit wird von einer Leitphase eingeleitet, das ist eine auffällige Wachstumsstufe, die für den Beginn dieser Jahreszeit charakteristisch ist. So beginnt der Vorfrühling zum Beispiel mit der Haselblüte und der Winter mit den fallenden Blättern der Stieleiche.

»Seit Ende der 1980er Jahre kann man feststellen, dass die Vegetationszeit deutlich länger wird und früher beginnt«Anja Engels, Deutscher Wetterdienst

Die phänologische Uhr zeigt den aktuellen Beginn der Jahreszeiten in Deutschland und vergleicht diesen mit einem vieljährigen Mittel. Aus welchen Jahren dieses Mittel gebildet wird, hängt davon ab, für welche Jahre flächendeckende Daten vorliegen. Bei der Hasel ist das ab 1992, bei der Forsythie ab 2001 und bei der Stieleiche ab 2011. Zeitreihen von einzelnen Standorten reichen allerdings noch weiter zurück. »Seit Ende der 1980er Jahre kann man feststellen, dass die Vegetationszeit deutlich länger wird und früher beginnt«, sagt Anja Engels vom DWD. Besonders markant sei dabei, wie sich der Beginn des Frühlings verschiebt. So begann der Vorfrühling 2023 in Deutschland schon am 16. Januar statt am 10. Februar, also beinahe einen Monat früher als im vieljährigen Mittel.

Die Verschiebung des Frühlings lässt sich besonders gut an einer der weltweit längsten phänologischen Zeitreihen beobachten: einer Zeitreihe der Kirschblüte, die mehr als 1000 Jahre zurückreicht. Das Kirschblütenfest ist ein wichtiges Fest in der japanischen Kultur und wird seit etwa 712 gefeiert. In einem Fachartikel im »International Journal of Meteorology« konnten Yasuyuki Aono und Keiko Kazui von der Graduate School of Life and Environmental Sciences in Osaka aus Tagebüchern und Chroniken erste phänologische Aufzeichnungen rekonstruieren, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreichen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts begannen demnach die Kirschblüten immer früher zu blühen, parallel zu steigenden Temperaturen, wie Forscher in »Nature Climate Change« berichten.

Dem Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) zufolge verlängern die steigenden Temperaturen die Vegetationszeit in gemäßigten Regionen, sie verschieben also den Frühling nach vorne und bis zu einem gewissen Grad den Herbst nach hinten. Doch phänologische Veränderungen beschränken sich nicht nur auf gemäßigte Regionen. »Der menschengemachte Klimawandel hat Ökosysteme Bedingungen ausgesetzt, die seit Jahrtausenden beispiellos sind. Das hat sich stark auf Arten an Land und im Meer ausgewirkt. Wie erwartet haben Arten in allen Ökosystemen ihre geografischen Verbreitungsgebiete verlagert und den Zeitpunkt saisonaler Ereignisse verändert«, schreibt der IPCC. In Europa trieben die Blätter im Durchschnitt 3 bis 4,2 Tage früher pro Jahrzehnt aus, in China 5,5 Tage früher und in Nordamerika nur 0,9 Tage früher. Der Blattfall verzögerte sich im Schnitt 0,36 Tage pro Dekade in Europa, 2,6 Tage in China und etwa 3 Tage pro Jahrzehnt in den USA.

Dass sich Ereignisse im Herbst weniger stark verschoben haben als im Frühling, könnte mit zwei gegensätzlichen Effekten zu tun haben, argumentieren Forschende um Deborah Zani von der ETH Zürich in zwei Studien im Fachmagazin »Science«. Constantin Zohner, einer der Studienautoren, forscht ebenfalls an der ETH Zürich zu Phänologie. »Die Ergebnisse zeigen, dass Bäume darauf reagieren, wie aktiv sie im Frühjahr sind, wobei mehr Aktivität und früherer Blattaustrieb zu einem tendenziell früheren Blattfall im Herbst führen. Da ein wärmerer Herbst den Blattfall verzögert, heben sich diese Effekte sozusagen gegenseitig auf und man sieht keine großen Veränderungen«, erklärt er.

Kleine Tiere reagieren empfindlicher auf verschobene Jahreszeiten

Wie sich die jahreszeitlichen Verschiebungen bei Tieren zeigen, fasst eine Analyse in »Nature Climate Change« von Forschenden um Jeremy Cohen von der University of South Florida zusammen. Dafür untersuchte die Gruppe phänologische Zeitreihen aus 127 Studien, die sich über fünf Kontinente und 15 Tiergruppen erstrecken. Die Phänologie der untersuchten Arten, also etwa wann Vögel Eier legten oder Bäume zu blühen begannen, hatte sich seit 1950 um 2,88 Tage pro Dekade nach vorne verschoben. Dabei reagierten die Tiergruppen unterschiedlich stark auf die veränderten Umweltbedingungen. Die Phänologie von Insekten etwa verschob sich um 4,15 Tage, die von Vögeln dagegen um 2,24 Tage pro Jahrzehnt. Diese Unterschiede zwischen den Tiergruppen hängen laut den Autoren hauptsächlich von Körpergröße und Art der Thermoregulation ab, also ob die Tiere wechselwarm oder gleichwarm sind. Die Phänologie von kleineren Tieren verschiebe sich stärker als die von großen und die von wechselwarmen Tieren stärker als die von gleichwarmen.

Sowohl bei Tieren als auch bei Pflanzen gibt es Ausnahmen von der Regel. Manche Pflanzen beginnen im Frühjahr später zu blühen, da sie im Winter längere Kälteperioden brauchen. Bei diesen Pflanzen wirken dann zwei Effekte gegeneinander: Die Blüte wird von der Erwärmung nach vorne und gleichzeitig von der fehlenden Kälte im Winter nach hinten verschoben.

Ein weiteres Beispiel beschreiben Christophe Barbraud und Henri Weimerskirch von dem Centre d'Etudes Biologiques de Chizé in Frankreich im Fachmagazin »PNAS«: Seevögel in der östlichen Antarktis kamen im Schnitt 9,1 Tage später an ihren Vogelkolonien an und legten ihre Eier 2,1 Tage später als noch in den frühen 1950er Jahren. Die Autoren vermuten, dass dies zumindest zum Teil mit dem Rückgang des Meereises zusammenhängt. Dadurch gibt es weniger Krill und andere marine Organismen und somit weniger Nahrung für die Vögel. Vollständig erklären konnten sie den Effekt aber nicht.

Phänologische Veränderungen sind ein guter Indikator für den Klimawandel

Welche Faktoren die phänologischen Veränderungen am stärksten beeinflussen, ist je nach Region und Ökosystem unterschiedlich. Generell beeinflusst die Erderwärmung in gemäßigten Regionen die phänologischen Veränderungen besonders stark. In den Tropen hingegen, in denen es weniger ausgeprägte Jahreszeiten gibt, hat der Niederschlag einen größeren Einfluss.

Da die phänologischen Phasen, also wann Pflanzen etwa zu blühen beginnen oder Früchte bilden, laut dem Umweltbundesamt hier zu Lande hauptsächlich von der Temperaturentwicklung und der Wasserversorgung im jeweiligen Jahr abhängen, sind sie gute Indikatoren für Klimaveränderungen. Die verschiedenen Pflanzen zu beobachten, ist allerdings aufwändig und zeitintensiv. Der DWD greift für die Beobachtungen ausschließlich auf Ehrenamtliche zurück. »Das sind meist Idealisten«, berichtet Anja Engels. »Die müssen gern und viel draußen sein, rund 200 Stunden im Jahr. Im Frühjahr sind sie manchmal täglich unterwegs, später pendelt es sich auf etwa einmal in der Woche ein.« Mit Hilfe einer Beobachteranleitung lernen sich die Freiwilligen selbst an. Sie suchen sich ihre Pflanzen aus und durchkämmen dann das ganze Jahr über ein Gebiet im Umkreis von bis zu fünf Kilometern. Engels berichtet, dass für einige Orte schon seit Anfang der 1950er Jahre Daten gesammelt werden. Einige Zeitreihen gehen damit Jahrzehnte zurück, wie etwa eine Zeitreihe der Hasel aus Geisenheim, für die Daten seit 1949 vorliegen.

Auch in vielen anderen Ländern und Regionen existieren Initiativen, die phänologische Veränderungen beobachten und zu denen häufig auch Freiwillige Daten beisteuern können, wie etwa das African Phenology Network, das USA National Phenology Network oder auch das TERN-Projekt in Australien. Die gesammelten Daten sind wichtig für die Klimaforschung, gleichzeitig aber mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Beobachterinnen und Beobachter sowie Methoden unterscheiden sich teilweise zwischen den verschiedenen Projekten. Hinzu kommt, dass Beobachtungen in Regionen wie der Arktis oder in Wüsten rar gesät sind. Neben bodenbasierten Beobachtungen verwendet die Phänologie daher auch Daten aus der Fernerkundung, etwa von Satelliten.

Der Landwirtschaft drohen hohe Verluste

Die verschobenen Jahreszeiten können für die Landwirtschaft zum Problem werden. »Früherer Blattaustrieb kann einerseits dazu führen, dass Pflanzen mehr CO2 aufnehmen. Auf der anderen Seite beobachtet man häufig einen gegenteiligen Effekt: Durch die frühe Aktivität bekommen Pflanzen früher Trockenstress, da die Böden schneller austrocknen. Das führt vermehrt zu Krankheiten. Zusätzlich steigt die Gefahr von Frostschäden, was auch für Landwirtschaft und Obstanbau kritisch ist«, sagt Zohner.

Durch Spätfrost kann es zu Ernteausfällen kommen: Haben Pflanzen schon begonnen zu blühen und Früchte zu bilden, können Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts diese erfrieren lassen. Für Apfelbäume berichten Forschende in einem Fachartikel im Magazin »Climatic Change«, dass Frosttage Wettermodellen zufolge in Zukunft zwar seltener werden, warme Temperaturen aber das Risiko erhöhen, dass die Bäume vor dem letzten Frost im Frühling zu blühen beginnen. Im Jahr 2017 haben laut der Rückversicherung Munich Re mehrere Frostnächte im April europaweit bei Obst- und Weinbau für Ernteeinbrüche und einen Schaden von geschätzten 3,3 Milliarden Euro gesorgt.

»Durch die frühe Aktivität bekommen Pflanzen früher Trockenstress, da die Böden schneller austrocknen. Das führt vermehrt zu Krankheiten«Constantin Zohner, ETH Zürich

Ein aktuelles Beispiel: Die Süßkirschenernte wird 2023 laut dem statistischen Bundesamt voraussichtlich zwar 6,9 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre liegen, jedoch 6,7 Prozent unter dem Ernteertrag des Vorjahrs. Eine frühere Blütezeit kombiniert mit regionalen Spätfrösten sorgt für die geringere Ernte, so das Bundesamt.

Arten, die ihre eigene Phänologie gut an den Klimawandel anpassen können, haben deshalb häufig einen Überlebensvorteil. Forschende um Maria Hällfors von der Universität Helsinki etwa untersuchten für eine Studie in »Ecology Letters« 289 finnische Schmetterlingsarten. 45 Prozent der Arten hatten entweder ihre Flugzeiten vorverlegt oder ihren Lebensraum in Richtung Norden verschoben, 15 Prozent wandten beide Strategien gleichzeitig an. Die Populationen dieser Arten wuchsen am stärksten. Jene Spezies, die nicht auf den Klimawandel reagierten, verzeichneten hingegen die größten Rückgänge der Populationen.

Der IPCC schreibt in seinem Sechsten Sachstandsbericht: »Es gibt Evidenz, dass Arten auf Grund von Plastizität lokal fortbestehen können, etwa durch Veränderungen in der Phänologie oder Verhaltensänderungen (…). Genetische Anpassung kann Arten helfen, länger zu bestehen, als es auf Grund lokaler klimatischer Veränderungen zu erwarten wäre.« Aber: »Es gibt keine Hinweise darauf, dass diese Mechanismen das Aussterben von seltenen, sehr lokalen Arten verhindern werden, die sich bereits in der Nähe ihrer klimatischen Grenzen befinden, oder von Arten, die Klima- oder Habitatzonen bewohnen, die bereits verschwinden.«

Der niederländische Professor Marcel Visser schreibt in dem Frontiers-2022-Bericht des United Nation Environment Programme (UNEP) außerdem, dass spezifische genetische Anpassungen, so genannte Mikroevolution, für Arten notwendig seien, um sich erfolgreich an den Klimawandel anzupassen. »Jetzt, da die Erde sich viel schneller erwärmt – eventuell um einen Faktor bis zu 100 –, wird selbst Mikroevolution für die aktuelle Geschwindigkeit der Erwärmung zu langsam sein«, schreibt Visser.

Durch einen ökologischen Mismatch können Nahrungsketten aus dem Gleichgewicht geraten

Dadurch, dass Tiere und Pflanzen interagieren und aufeinander angewiesen sind, kann noch ein weiteres Problem entstehen. Weil verschiedene Arten ihre Phänologie unterschiedlich stark verändern, kann es zu einem ökologischen Mismatch zwischen früher einmal synchronen Arten kommen, etwa zwischen Pflanzen und Bestäubern, Pflanzen und Pflanzen fressenden Tieren, migrierenden Vögeln und deren Nahrung sowie zwischen Parasiten und deren Wirten.

Visser und sein Team forschen an einem solchen Mismatch. Frisch geschlüpfte Kohlmeisen benötigen Unmengen an Raupen als Futter. In den Niederlanden haben steigende Temperaturen die Legezeit der Kohlmeisen im Frühling zwar nach vorne verlegt, doch der Zeitpunkt, an dem die meisten Raupen vorkommen, hat sich noch weiter nach vorne verschoben. In den vergangenen Jahren hat sich der Mismatch zwar auf Grund natürlicher Klimaschwankungen etwas verkleinert, schrieben Forschende um Visser 2021 in »Proceedings of the Royal Society«. Die Kohlmeisen legen etwas früher ihre Eier, das Vorkommen der Raupen hat sich nicht nach vorne verschoben. Die steigenden Temperaturen werden den Mismatch in Zukunft laut Prognosen jedoch wieder vergrößern.

Ein weiteres Beispiel für einen möglichen ökologischen Mismatch findet sich in den Ozeanen der Erde. In der lichtdurchfluteten, epipelagischen Zone, die sich von der Oberfläche bis in eine Wassertiefe von 200 Metern erstreckt, reagieren die verschiedenen Ebenen des Nahrungsnetzes unterschiedlich schnell auf den Klimawandel. So zeigen zum Beispiel Phytoplankton oder Zooplankton relativ starke und konsistente Reaktionen, während Fische und Seevögel weniger konsistent, schwächer und vielfältiger reagieren. Das könnte laut IPCC-Bericht zu ökologischem Mismatch zwischen den verschiedenen Ebenen des Nahrungsnetzes führen.

Der Mensch muss das Klima schützen und sich anpassen

Was also kann der Mensch dazu beitragen, die Effekte der verschobenen Jahreszeiten abzumildern? »Das Allerwichtigste ist natürlich, dass wir die Ursache – den Klimawandel – bekämpfen. Die Nutzung fossiler Brennstoffe drastisch zu reduzieren, hat immer höchste Priorität«, betont Zohner. Aber auch andere Naturschutzbemühungen können helfen. So trägt die Wiederherstellung von Habitaten und die Einrichtung von Lebensraumkorridoren etwa dazu bei, die genetische Vielfalt zu fördern und so die Chancen einer erfolgreichen Anpassung zu erhöhen, schreibt Visser in einem Kapitel des UNEP-Frontiers-2022-Berichts. Grenzen von Schutzgebieten sollten außerdem angepasst werden, wenn sich die Verbreitungsgebiete von Arten verschieben.

In Deutschland vernetzt zum Beispiel ein Projekt unter Koordination der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein verschiedene Lebensräume wieder miteinander. Dabei werden unter anderem Grünbrücken gebaut, die es Arten ermöglichen, Autobahnen zu überqueren. So soll nicht nur die Zahl der Wildunfälle abnehmen: Durch Vernetzungen der Lebensräume können einzelne Populationen auch Individuen austauschen und so die genetische Vielfalt erhöhen, wie das Bundesamt für Naturschutz erklärt, das das Projekt unterstützt. Nicht zuletzt bieten die Lebensraumkorridore Vorteile für Menschen, die naturnahe und ungestörte Landschaften genießen wollen.

Auch bei Wäldern solle man auf Diversität achten und Mischwälder fördern, sagt Zohner. »Nur dann kann es Anpassung an die klimatischen Veränderungen geben und Bäume, die phänologisch am sinnvollsten auf die raschen Veränderungen reagieren, werden sich auf Dauer durchsetzen und den Wald erhalten.«

Landwirte in Ländern, die besonders vulnerabel für Klimaveränderungen sind, bauen immer mehr klimaresistente Sorten an, um mit Dürre, Hitze oder Trockenheit umzugehen, aber auch mit einem früheren Beginn der Vegetationsperiode. In Deutschland haben landwirtschaftliche Betriebe ebenfalls damit begonnen, auf den Klimawandel zu reagieren, wie das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) berichtet. So werde etwa an der Züchtung von Sorten gearbeitet, die besser an Hitze, Trockenheit und verlängerte Vegetationszeit angepasst sind. Außerdem sollten Landwirtinnen und Landwirte auch hier eine große Vielfalt an Sorten und Arten anbauen, um ihr Risiko für Ernteausfälle so gering wie möglich zu halten.

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