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News: Falsche Zeitangaben?

Die Freude ist groß, wenn Wissenschaftler bei Ausgrabungen auf fossile Knochen, Überreste von historischen Bauwerken oder antike Gebrauchsgegenstände stoßen. Doch damit stellt sich auch immer die wichtige Frage: Wie alt sind die Funde? Dafür gibt es eine ganze Reihe von Datierungsverfahren, von denen viele auf dem radioaktiven Zerfall bestimmter Elemente beruhen - so auch die Radiokarbonmethode. Analysen eines Tropfsteins zeigen nun jedoch, dass die deren Ergebnisse zu falschen Zeiteinordnungen führen könnten.
Die Radiokarbonmethode ist ein in der Archäologie und Geologie weit verbreitetes Verfahren, um das Alter von Fundstücken oder Proben zu bestimmen. Sie analysiert den Gehalt an elementarem Kohlenstoff und seinem radioaktiven Isotop 14C. Dieses Isotop entsteht in der Atmosphäre aus elementarem Stickstoff, der durch Neutronen in 14C und Wasserstoff gespalten wird. Das Kohlenstoff-Isotop wird schnell zu Kohlendioxid oxidiert und durch die allgemeine Zirkulation in der gesamten Atmosphäre verteilt sowie in den Kohlenstoffkreislauf aufgenommen. Indem Forscher festellen, wie viel des radioaktiven Isotops, das eine Halbwertszeit von 5730 Jahren hat, in ihrer Probe zerfallen ist, können sie deren Alter bestimmen. Dabei gehen sie von einem bestimmten Verhältnis der beiden Kohlenstoffisotope zueinander aus.

Doch dieses Verhältnis ist nicht konstant, in den vergangenen Jahrtausenden schwankten die Werte zum Teil sehr stark. Zum einen veränderte sich die Intensität der kosmischen Strahlung und die Stärke des Erdmagnetfeldes, zum anderen wirkten sich die Industrialisierung sowie Kernwaffentests auf den atmosphärischen 14C-Gehalt aus. Eine international anerkannte Korrekturkurve existiert allerdings nicht.

Warren Beck und seine Kollegen von der University of Arizona bringen das Vertrauen in die Methode nun noch weiter ins Wanken. Sie untersuchten winzige Scheibchen einen Tropfsteins aus einer Höhle auf den Bahamas, der vor 45 000 bis 11 000 Jahren entstand. Dabei stellten sie sehr große Schwankungen fest. So lagen die 14C-Werte in der Periode von 44 500 bis 33 000 Jahren vor heute beinahe doppelt so hoch wie zu Zeiten der Kernwaffentests, während sie später – von 26 000 bis 11 000 Jahren vor heute – stark zurückgingen.

Die Suche nach der Ursache gestaltete sich schwierig. In verschiedenen Computermodellen versuchten die Forscher herauszufinden, welcher Faktor oder welche Kombinationen davon die Schwankungen ausgelöst haben könnten. Letztendlich vermuten sie, dass nur ein Sprung in der kosmischen Strahlung, beispielsweise aufgrund der Schockwelle einer Supernova, oder eine grundlegende Veränderung im Kohlenstoffkreislauf den starken Anstieg verursacht haben können. "Eine schwächere Zirkulation in den Ozeanen – die das größte Kohlenstoffreservoir der Erde darstellen – würde das Übermaß an 14C erklären", meint David Richards, Mitglied der Arbeitsgruppe. Denn wenn das Kohlenstoffisotop deshalb langsamer von der Meeresoberfläche in die Tiefe transportiert wird, würde sein Gehalt in der Atmosphäre ansteigen, erläutert er weiter. Den Berechnungen zufolge müsste der Austausch dabei fast zum Erliegen gekommen sein.

Die Ergebnisse sind jedoch nicht nur für die Altersdatierung interessant. Sie weisen nach Ansicht der Forscher auch darauf hin, wie wenig wir noch immer über Umweltprozesse wissen. "Wir sollten das als Warnung verstehen, dass der Klimawandel den Kohlenstoffkreislauf in unerwarteter Art und Weise beeinflusst", meint Beck.

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  • Quellen
Sciencexpress 10.1126/science.1056649 (10. Mai 2001), Volltext

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