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News: Folgenreiche Umbauarbeiten

Auf raffinierte Weise nutzt der Malaria-Erreger Plasmodium körpereigene Substanzen, um Leberzellen zu erobern. Dies könnte sich als Achillesferse des Parasiten erweisen.
Plasmodium
Jahr für Jahr fordert ein kleiner tierischer Einzeller seinen Tribut: Plasmodium, der Erreger der Malaria. Noch immer ist eine Behandlung dieser häufigsten Tropenkrankheit schwierig, an der jährlich 300 Millionen Menschen leiden; durch immer neue Resistenzen weicht der Parasit prophylaktischen Medikamenten aus.

Die Crux liegt in dem komplizierten Entwicklungszyklus des Sporentierchens, das sich geschickt vor dem medikamentösem Angriff verbirgt: Übertragen durch den Speichel einer stechenden Mücke gelangen die Sporozoiten genannten Entwicklungsstadien des Erregers zunächst in die Leber seines Opfers und dringen in die Hepatocyten ein. Hier vermehren sie sich zu Merozoiten, die dann die Blutzellen erobern. Aus den sich immer weiter teilenden Merozoiten entstehen schließlich Geschlechtszellen, die wiederum von einer blutsaugenden Mücke aufgenommen werden können. Aus der Befruchtung im Mückendarm entstehen dann neue Sporozoiten, die zur Speicheldrüse der Mücke wandern und hier darauf warten, bis sich der Kreis mit einem neuem Stich schließt.

Der erste entscheidende Schritt der Infektion findet also in der Leber statt. Doch wie schafft es der Parasit, die Hepatocyten der Leber für seine Vermehrung zu nutzen? Ein internationales Forscherteam aus Portugal, Spanien und den USA ist dieser Frage nachgegangen – und hat dabei Überraschendes herausgefunden.

Margarida Carrolo vom Instituto Gulbenkian de Ciência im portugiesischen Oeiras und ihre Kollegen arbeiteten mit Plasmodium berghei, dem Malaria-Erreger bei Mäusen. Die Forscher wussten bereits, dass die Sporozoiten zwar in die Leberzellen eindringen, sich jedoch zunächst nicht in ihnen vermehren können. Sie verlassen vielmehr die eroberten Zellen und stürzen sich sofort auf neue Opfer.

Die meisten Hepatocyten überleben diese Tortur, wenn auch etwas lädiert: Ihre Zellmembran ist durch den Angriff der Parasiten regelrecht durchlöchert, verschiedene zellinterne Substanzen treten durch die Lecks nach außen.

Und unter diesen Substanzen befindet sich auch, so konnten die Forscher jetzt nachweisen, das Protein HGF. Dieser Eiweißstoff – das Kürzel steht für hepatocyte growth factor – dient wiederum als Botenstoff, um Leberzellen zum verstärkten Wachstum anzuregen. Sobald HGF an einen auf der Zelloberfläche sitzenden Rezeptor bindet, finden umfangreiche Veränderungen innerhalb der Leberzelle statt, unter anderem wird das Cytoskelett neu arrangiert.

Als die Forscher nun mit Hepatocyten experimentierten, deren Rezeptor zwar HGF binden konnte, ohne jedoch eine Wirkung in den Zellen auszulösen, zeigte sich, dass diese veränderten Zellen vollkommen immun gegenüber Plasmodium waren. Offensichtlich, so schließen die Forscher, nutzt der Parasit die durch HGF initiierten Umbauarbeiten aus, um sich die Leberzellen als Brutstätte gefügig zu machen.

Dies erklärt auch, warum Patienten, die bereits unter einer Hepatitis B leiden, besonders empfindlich auf eine Malaria-Infektion reagieren. Denn die Hepatitis-geschädigten Zellen setzen ebenfalls HGF frei – und erleichtern damit den Plasmodium-Sporozoiten die Arbeit.

Hier liegt jedoch auch eine Chance für den Kampf gegen Malaria. Denn die HGF-Produktion lässt sich medikamentös hemmen, beispielsweise mit Retinsäure, einem Abbauprodukt von Vitamin A. Damit könnten die folgenreichen Umbauten in den Leberzellen gestoppt werden, der Malaria-Erreger wäre ausgebremst.

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