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Das aktuelle Stichwort: Hurrikane

Touristen fliehen aus Cancun, Regenmassen fluten Jamaika, in Haiti und der Dominikanischen Republik starben acht Menschen, Schäden in Milliardenhöhe entstanden bereits oder werden noch befürchtet. Und die Nasa beordert ihr Spaceshuttle Endeavour einen Tag früher aus dem All zur Erde zurück, weil sie eventuell ihr Kontrollzentrum in Houston evakuieren müssen. Die Hurrikansaison 2007 dreht nun mit Sturm "Dean" auf.
Hurrikan "Dean"
Eine heftige Sturmsaison war von den Meteorologen angekündigt worden, nachdem der mäßigende Einfluss der Klima- und Meeresanomalie El Niño im Pazifik Ende 2006 abgeklungen war: Die von ihr verursachte Aufheizung des Pazifiks unterdrückte Stürme im Atlantik. Wenig sprach daher gegen eine ähnlich starke Hurrikanzeit wie 2005, als Stürme wie "Katrina", "Rita" oder "Wilma" mehrfach die Staaten rund um den Golf von Mexiko und in der Karibik verwüsteten. Dennoch blieb es lange relativ ruhig im Sturmzentrum des Atlantiks – womöglich weil Staubstürme aus der Sahara die Bildung kräftiger Tiefs verhinderten und als atmosphärische Aerosole die Sonneneinstrahlung be- und damit die übermäßige Aufheizung des tropischen Atlantiks verhinderten.

Hurrikan "Dean" | Hurrikan "Dean" bedroht nun die mexikanische Ferienmetropole Cancun, nachdem er zuvor bereits Hispaniola und Jamaika heimgesucht hat. Die dichtesten Wolken und damit die stärksten Niederschläge werden in diesem Satellitenbild rot angezeigt.
Denn Hurrikane entstehen unter anderem erst dann, wenn sich das Oberflächenwasser in ihrem Entstehungsgebiet auf mindestens 26,5 Grad Celsius erwärmt und gleichzeitig die im Bereich des tropischen Wirbels aufsteigende Luft in der Höhe rasch abgeführt werden kann. Dies war etwa 2005 der Fall, als ein stabiler Hochdruckrücken über den östlichen Vereinigten Staaten und dem westlichen Nordatlantik die Hurrikane mit gedeihen ließ. Treffen dann so genannte atmosphärische Wellenstörungen – die Easterly Waves, die aus Tiefdruckgebieten in Westafrika hervorgehen können – auf diese vorteilhaften Bedingungen, beginnen sie Feuchtigkeit aus dem Meer zu saugen. Im Atlantik ist dies nur von Juni bis November in einem relativ schmalen Band zwischen dem fünften und dreißigsten Breitengrad nördlich des Äquators möglich, südlich davon bis zum Äquator selbst verhindert die hier sehr schwache Ablenkung durch die Coriolis-Kraft eine Entstehung – sie ist nötig, um die Luftmassen überhaupt in Rotation zu versetzen.

Die aufgenommene Feuchtigkeit kondensiert in höheren, kühleren Atmosphärenschichten zu Wolken und setzt große Mengen an Kondensationswärme frei, die wiederum das Innere des Wirbelsturms aufheizt. Dadurch wird mehr Luft um einen zentralen Punkt kreisend aufwärts gesaugt: Das Auge des Sturms beginnt sich zu bilden. Das gesamte kreisförmige Tiefdruckgebiete kann einen Durchmesser von mehreren hundert Kilometern und Windgeschwindigkeiten bis zu 300 Kilometern pro Stunde erreichen. Das hingegen windschwache und oft wolkenfreie Auge ist meist nur 15 bis 30 Kilometer groß, kann aber auch bis zu 70 Kilometern messen.

Die sich entgegen dem Uhrzeigersinn spiralig nach innen drehenden Wirbelstürme, die mit fünf bis 20 Kilometern pro Stunde recht langsam ziehen, bewegen sich anfangs mit der vorherrschenden atmosphärischen Strömungsrichtung erst stets westwärts. Sobald die ablenkende Coreoliskraft mit zunehmender Entfernung zum Äquator stärker wird, drehen die Hurrikans dann langsam Richtung Norden ab, in Einzelfällen können sie allerdings über Mittelamerika hinweg bis zum Pazifik ziehen. Erreichen sie Festland, kommt es zu starken Verwüstungen und sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen. Da die Hurrikans aber ständigen Energienachschub an warmer, feuchter Luft brauchen, um ihre Stärke zu behalten, verlieren sie an Land schnell ihre Kraft und werden zu gewöhnlichen Tropenstürmen mit allerdings immer noch ergiebigen Niederschlägen.

Eingeteilt werden die Stürme nach der so genannten Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala, die von 1 bis 5 reicht: Je intensiver der Luftdruck in Bodennähe absinkt, desto stärker fällt der Zyklon aus. Erreichen seine Spitzengeschwindigkeiten etwa 120 Kilometer pro Stunde, fällt er in die niedrigste Hurrikan-Kategorie 1, die mit leichten Überschwemmungen und Schäden an Bäumen oder Wohnwägen noch relativ harmlos ist. in Kategorie 5, die "Katrina" zeitweise erreichte, wehen die Winde dann schon mit mehr als 250 Kilometern pro Stunde, meterhohe Wellen branden an die Küste, Gebäude werden teilweise völlig zerstört und viele Bäume geknickt oder entwurzelt. Dean fällt mit Windgeschwindigkeiten von 230 Kilometern pro Stunde noch in Kategorie 4, doch könnte er sich im sehr warmen Golf von Mexiko in den nächsten Stunden noch verstärken und in die höchste Einstufung vorrücken.

Entstehungshilfen für Hurrikane | Gegenwärtig herrschen im Atlantik Bedingungen, die die Entstehung von Hurrikanen begünstigen – etwa erhöhte Wassertemperaturen, hoher Luftdruck in höheren Atmosphärenschichten und häufige Wellenstörungen in der Luftbewegung.
Auch wenn "Dean" die diesjährige Hurrikan-Saison im Vergleich zu 2005 erst relativ spät einläutet, bleiben die Meteorologen von der amerikanischen Wetterbehörde NOAA bei ihrer Prognose. Danach ist auch dieses Jahr wieder mit einem stürmischen Spätsommer und Herbst zu rechnen: Der Atlantik befindet sich immer noch in einem langjährigen Zyklus mit erhöhten Wassertemperaturen, und auch in der Karibik und im Golf haben sich die Oberflächentemperaturen für Hurrikane vorteilhaft nach oben entwickelt.

Im Pazifik kündigt sich zudem La Niña an, die kalte Schwester von El Niño: Sie stabilisiert die Luftschichtung entlang der nord- und südamerikanischen Westküste, was dem Atlantik wiederum weniger Scherwinde beschert – treten sie gehäuft auf, unterbindens sie die Zyklonbildung bereits in einem frühen Stadium. Insgesamt sieben bis neun Hurrikane prophezeit die NOAA der Region dieses Jahr, drei bis fünf könnten mindestens die Stärke 3 auf der Skala erlangen. Dean war also wohl nur der Anfang, denn die Saison läuft noch bis Ende Oktober.

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