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Infrarotastronomie: Infrarotscanner WISE hat den gesamten Himmel abgetastet

Die Plejaden im Infraroten
Der Infrarotsatellit WISE, der "Widefield Infrared Survey Explorer" nahm im Januar 2010 seine Arbeit auf. Seine Hauptaufgabe ist die vollständige Durchmusterung des gesamten Infrarothimmels in vier unterschiedlichen Frequenzbereichen. Bei dieser Abtastung des Himmels kamen eindrucksvolle Himmelskarten zustande, ein Beispiel ist das hier gezeigte Bild des offenen Sternhaufens der Plejaden im Sternbild Stier.

WISE ist das neueste Instrument einer ganzen Reihe von Weltraumteleskopen zur Erkundung des Himmels im Infraroten. Den Anfang machte vor rund einem Vierteljahrhundert der der Infrared Astronomical Satellite (IRAS). Er war ein Gemeinschaftsprojekt der Niederlande, Großbritanniens und der USA. IRAS eröffnete uns erstmals einen Blick auf die faszinierenden Objekte des infraroten Weltalls. Allerdings waren sein Sensor nach heutigen Standards sehr einfach aufgebaut und lieferte nur eine mäßige Abbildungsqualität.

Alle anderen seither gestarteten Infrarotsatelliten beobachteten nur ausgewählte Objekte oder kartierten kleinere Bereiche des Infrarothimmels. Aber eine vollständige Himmelskarte in guter Qualität fehlte bislang.

WISE durchmusterte daher den Infrarothimmel in vier verschiedenen Wellenlängen und zwar bei 3,4, 4,6, 12 und 22 Mikrometern. Bei 22 Mikrometer erreicht der Satellit mit seinem 40-Zentimeter-Teleskop eine räumliche Auflösung von zwölf Bogensekunden, dies entspricht einem 150-stel des scheinbaren Monddurchmessers.

Damit WISE den infaroten Himmel überhaupt beobachten kann, müssen das Teleskop und seine Detektoren aktiv gekühlt werden. Sonst würde das Eigenrauschen der Sensoren und die Strahlung der warmen Spiegeloberflächen jegliches Infrarotlicht aus dem Weltall überdecken. Zur Kühlung benutzt WISE gefrorenen Wasserstoff, der Optik und Sensoren auf zwölf Kelvin (-260 Grad Celsius) herunterkühlt. Der verdampfende Wasserstoff kühlt den Satelliten, allerdings ist seine Menge begrenzt. Somit ist die Lebensdauer des Satelliten auf rund zehn Monate beschränkt.

WISE umkreist die Erde auf einer sonnensynchronen Umlaufbahn, das heißt, er befindet sich stets im Sonnenlicht. So steht diese Energiequelle jederzeit zur Stromversorgung zur Verfügung. Die Öffnung des Teleskops ist immer um 90 Grad von der Sonne weggerichtet. Würde die Sonne jemals in das Teleskop hineinleuchten, so würden die Sensoren von WISE innerhalb von Sekunden verschmoren.

Während des Umlaufs um die Erde nimmt WISE alle elf Sekunden ein Bild auf. Eine spezielle Nachführoptik verhindert, dass durch die Umlaufbewegung des Satelliten das Bild "verschmiert". Das Blickfeld beträgt 47 Bogenminuten, etwa das anderthalbfache des scheinbaren Monddurchmessers. Bei jedem Erdumlauf tastet WISE einen schmalen 360-Grad-Streifen des Himmels ab.

Infolge der Bewegung der Erde um die Sonne konnte WISE dabei nach und nach den gesamten Himmel erfassen und innerhalb von sieben Monaten vollständig ablichten. Dabei übermittelte er rund anderthalb Millionen Bilder des Himmels in den vier Wellenlängen. Der Satellit verfügt nach Abschluss der Primärmission noch über Kühlmittel, so dass er nochmals für weitere drei Monate den Himmel abtasten und damit die Qualität der Himmelskarte verbessern kann.

Im Mai 2011 wird die NASA einen Großteil der Messdaten den Astronomen weltweit zur Verfügung stellen, sie werden etwa 80 Prozent des Gesamthimmels abdecken. Der Rest wird dann wenig später freigegeben.

Während seiner Himmelsabtastung konnte WISE mehr als 100 000 Asteroiden beobachten, davon war mehr als die Hälfte bislang unbekannt. Zudem stieß er auf 90 neue erdnahe Asteroiden, von denen aber auf absehbare Zeit keinerlei Gefahr für die Erde ausgeht. Auch mehr als ein Dutzend unbekannter Kometen ging WISE bislang ins Netz.

Die aus dieser Mission erhaltenenen Himmelskarten werden für Jahrzehnte eine Planungsgrundlage für die Infrarotastronomie sein, ihre Auswertung hat gerade erst begonnen und wird zu einer Vielfalt neuer Erkenntnisse führen. Mit Hilfe der Daten von WISE können Infrarotteleskope wie der europäische Satellit Herschel auf interessante Objekte ausgerichtetwerden, die eine Beobachtung mit gesteigerter Empfindlichkeit lohnen. Auch für das im Jahr 2015 geplante "James Webb Space Telescope" mit seinem 6,5-Meter-Spiegel, der Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble, sind die WISE-Karten unverzichtbar.

Tilmann Althaus

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