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Sternhaufen: Kosmische Geschwindigkeitskontrolle

Sternhaufen in NGC 3603
Der Sternhaufen im Nebel NGC 3603
Im Nebel NGC 3603 befindet sich einer der kompaktesten und massereichsten Sternhaufen in der Milchstraße: In ihm konzentrieren sich mehr als zehntausend Sonnenmassen in einem Volumen von nur drei Lichtjahren Durchmesser. Zum Vergleich: In der Umgebung der Erde befindet sich im gleichen Volumen nur ein einziger Stern, nämlich unsere Sonne. Der Nebel ist ein sehr aktives Sternentstehungsgebiet mit jungen Sternen, die nur wenige Millionen Jahre alt sind. Zum Vergleich: Unsere Sonne ist etwa 4,6 Milliarden Jahre alt.

Eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Wolfgang Brandner (Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg) untersuchte die Entwicklung des Sternhaufens. Die Forscher verglichen dazu zwei Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble, die im Abstand von zehn Jahren erstellt wurden. So konnten sie die Bewegungen von 234 Sternen des Haufens verfolgen.
Der Nebel NGC 3603 befindet sich im Sternbild Schiff, 22 000 Lichtjahre entfernt von der Erde. | Das Bild wurde mit Hilfe der Advanced Camera for Surveys (ACS) des Weltraumteleskops Hubble aufgenommen. Die untersuchte Raumregion ist weiß eingerahmt.


Die dafür nötigen Messungen sind extrem schwierig. Der Sternhaufen ist 22 000 Lichtjahre von der Erde entfernt; aus dieser Distanz gesehen verändert sich die Position eines Sterns nur um einige Milliardstel eines Winkelgrads pro Jahr. Auch mit modernsten Instrumenten ist der Nachweis solch winziger Verschiebungen eine große Herausforderung.

Die Ergebnisse waren überraschend: Die mittlere Geschwindigkeit der Sterne ist nicht, wie erwartet, abhängig von ihrer Masse, sondern beträgt durchgehend rund 4,5 Kilometer pro Sekunde. Bisher dachten Astronomen, dass die Geschwindigkeit der Sterne in Haufen mit ihrer Masse zusammenhängt: im Mittel sollten sich Sterne mit geringerer Masse schneller bewegen als solche mit größerer Masse.

Das bedeutet, dass sich in diesem jungen, massereichen Sternhaufen noch kein Gleichgewicht eingestellt hat. Stattdessen dürften die Sterngeschwindigkeiten nach wie vor die Bedingungen widerspiegeln, die bei der Entstehung des Haufens vor rund einer Million Jahren herrschten. Die Messungen liefern Schlüsselinformationen für Astronomen, die verstehen wollen, wie Sternhaufen entstehen und wie sie sich weiterentwickeln.

Offen bleibt, was mit dem Sternhaufen in Zukunft geschehen wird: Werden die Sterne langfristig zusammenbleiben, oder mit der Zeit auseinanderlaufen? Hinweise darauf werden zukünftige Messungen geben, etwa mit Hilfe des James Webb Space Telescope, das 2014 gestartet werden soll.

Manuela Kuhar

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