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News: Kreisförmige Flucht

Stress macht empfindlich. Das spüren auch Bakterien, die unter ultraviolettem Licht anfälliger auf ihren eigenen Müll reagieren. Das geht soweit, dass sie sogar ihr Zuhause verlassen und in angenehmeren Gefilden am Rande ihrer Kolonie Zuflucht suchen.
Spätestens seit der Entdeckung des Ozonlochs ist das Bad in der Sonne nur noch mit Vorsicht zu genießen. Denn die nun vermehrt durch die Schutzschicht der Atmosphäre gelangende ultraviolette Strahlung kann beim Menschen Hautkrebs verursachen. Auch Bakterien werden durch diese Strahlung geschädigt. Während bisherige Studien eher die Auswirkungen auf einzelne Bakterien untersuchten, beschäftigten sich amerikanische Wissenschaftler nun mit den Folgen für das Wachstum einer ganzen Bakterienkolonie.

Anna Delprato von der Clark University untersuchte mit ihren Kollegen Kolonien des Bodenbewohners Bacillus subtilis. Die Wissenschaftler brachten sie punktförmig in der Mitte einer Nährlösung ein und ließen sie erst einmal unbehelligt wachsen, sodass die Mikroorganismen nach etwa 50 Stunden eine Kreisscheibe mit einem Radius von wenigen Zentimetern nahezu gleichmäßig besiedelten.

Dann bestrahlten die Forscher die Lebensgemeinschaft mit ultraviolettem Licht. Während starkes UV-Licht Bakterien sogar abtöten kann und deshalb zur Desinfektion von Oberflächen benutzt wird, verwendeten die Wissenschaftler schwaches Licht, das die Bakterien nur ein wenig unter Stress setzte. Dabei machten sie eine interessante Entdeckung: Die Mikroorganismen in der Mitte setzten sich Richtung Rand in Bewegung. Nach 24 Stunden drängten sich dort deutlich mehr Vertreter als im Zentrum, und nach 70 Stunden war die Mitte fast vollständig verlassen.

Der Grund für dieses Verhalten war zunächst unklar, schließlich konnten die Bakterien so der gleichmäßig verteilten Strahlung nicht entkommen. Das Licht machte den Lebensraum auch nicht unbewohnbar, denn als die Wissenschaftler die UV-Lampe ausschalteten, bewegten sich manche Mikroorganismen wieder zurück zum Zentrum, während andere sich weiter nach außen verbreiteten.

Delprato und ihre Kollegen vermuten, dass die durch das UV-Licht gestressten Bakterien empfindlicher auf ihre eigenen Abfallstoffe reagierten. Zusätzlich sandten die Bakterien am Rand der Kolonie Botenstoffe aus, die ihren Artgenossen sozusagen von den besseren Lebensbedingungen in ihrem Umfeld berichteten.

Die Forscher überprüften ihre Annahme in einem Computermodell, das die Konzentration der Bakterien, sowie der Abfall- und der Botenstoffe berücksichtigte. Die anschließenden Computersimulationen bestätigten die Vermutung, denn auch sie zeigten die ringförmige Verteilung, welche die die Forscher in ihren Experimenten beobachtet hatten.

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