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Lebensrückblicke: Sei dein eigener Held

Viele Menschen in westlichen Ländern sind auf Sinnsuche. Dabei könnten sie sich an klassischen Heldengeschichten orientieren.
Kinder in Superhelden-Kostümen
Kinder verkleiden sich gern als Superhelden. Aber auch Erwachsene sollten sich öfter einmal als Helden ihrer selbst betrachten.

Menschen versuchen meist, einen Sinn in ihrem Dasein zu erkennen. Allerdings sind traditionell »Sinn stiftende« Elemente wie Religion und Familie auf dem Rückzug, zumindest in den westlichen Ländern. Beim Finden einer eigenen, als sinnhaft erlebten biografischen Erzählung kann es da offenbar helfen, sich am klassischen Muster einer Heldengeschichte zu orientieren. Das demonstrierten Forscherinnen und Forscher um Benjamin Rogers von der University of North Carolina at Chapel Hill in einer Reihe von Studien, die sie im »Journal of Personality and Social Psychology« veröffentlicht haben.

Die »Heldenreise« in der abendländischen Kultur sei dabei stets ähnlich aufgebaut, schreiben die Fachleute – egal, ob man die Beowulf-Sage aus dem 8. Jahrhundert liest oder sich einen aktuellen Blockbuster im Kino ansieht. Immer begibt sich der Protagonist auf eine Reise, stellt sich Herausforderungen, überwindet diese gemeinsam mit tapferen Mitstreitern und kehrt verändert nach Hause zurück.

In drei Studien wurden zunächst rund 1000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen Fragen unter anderem zu ihrer Lebensgeschichte gestellt. Je stärker die Antworten der Probanden darauf hindeuteten, dass sie ihre Biografie ähnlich wie eine Heldenreise verstanden, umso mehr Sinn empfanden sie in ihrem Leben. Erfasst wurde das durch die Analyse aufgeschriebener Lebensgeschichten und durch die Zustimmung der Teilnehmer zu Fragebogen-Items wie »Ich denke oft, dass mein Leben eine Geschichte ist«, »Ich musste Hindernisse überwinden« und »Ich bin eine bessere Version von mir selbst geworden«. Eine heldenhaftere Lebensgeschichte ging zudem mit einer größeren Lebenszufriedenheit und geringeren Symptomen von Depression einher.

In einer weiteren Reihe von Studien mit mehr als 600 Teilnehmern erprobte das Forscherteam eine Intervention zur »Umdichtung« der Lebensgeschichte der Probanden, damit diese stärker einer klassischen Heldenfahrt ähnelte. Dazu sollten die Teilnehmer beim Schreiben Fragen beantworten, etwa: »Welche Veränderung oder Erfahrung hat dazu geführt, dass du dich auf den Weg gemacht hast, um der zu werden, der du heute bist?« Das führte dazu, dass die Probanden »heldischere« Geschichten über sich schrieben als Mitglieder der Kontrollgruppe, die für ihren biografischen Aufsatz eher neutrale Anregungen erhalten hatten. Eine größere Ähnlichkeit der biografischen Erzählung zu einer Heldenreise ging wiederum mit einem stärkeren Sinnerleben einher.

Natürlich finde nicht jeder Gefallen daran, sich selbst als Held einer Geschichte zu sehen, schränken Rogers und Kollegen ein. Doch speziell bei Personen, die wenig Sinn im Leben empfinden – was oft bei Menschen mit Depression der Fall ist –, sei es einen Versuch wert, sie zu einer heldenhafteren Sicht auf sich selbst zu animieren.

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  • Quellen
Journal of Personality and Social Psychology 10.1037/pspa0000341, 2023

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