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Naturschutz: Ein Feuer, das es nicht geben dürfte

Feucht, kühl und neblig ist es meist auf dem Roraima, einem Tafelberg im Süden Venezuelas. Brennen sollte es dort eigentlich nicht. Und doch wurde erstmals ein Brand bemerkt.
Touristen in bunter Regenbekleidung stehen in einem Feuchtgebiet auf dem Roraima-Tafelberg im Süden Venezuelas auf schwarzem Fels. Einzelne Pflanzen bedecken den Boden.
Obwohl der Tafelberg Roraima abgelegen im Süden Venezuelas aufragt, zieht er Touristen an. Das birgt Gefahren für das Ökosystem.

Im Grenzgebiet zwischen Brasilien, Venezuela und Guayana erheben sich isolierte Tafelberge in die Höhe, die so genannten Tepuis, die Millionen Jahre alt sind und teils einzigartige Arten beheimaten. Häufig liegen ihre Hochebenen im Nebel; es ist feucht und kühl. Und deshalb sollte es dort oben eigentlich nicht brennen – zumindest konnten weder Wissenschaftler Feuer nachweisen noch berichteten ortsansässige Indigene von Bränden auf einem dieser Tepuis. Wie die Umweltnachrichtenseite »Mongabay« jedoch berichtet, entdeckten der Wissenschaftler und Fotograf Mateusz Wrazidlo und sein Expeditionsteam bereits im Mai 2023 Spuren eines Buschbrandes auf dem Roraima, dem größten Tafelberg der Region – ein Warnsignal für Ökologen.

Feuer sind im Savannenökosystem am Fuße der Tepuis durchaus üblich, doch erreichen sie normalerweise nicht die Hochlagen, die durch sehr hohe Steilwände von der Umgebung isoliert sind. Wie der Brand auf dem Roraima entstand, ist daher rätselhaft. Als Wrazidlos Team die versengte Fläche erreichte, entdeckte es noch ein paar Glutnester, jedoch keine offensichtliche Ursache.

Regelmäßig besuchen Touristen den 2200 bis 2500 Meter hohen Tafelberg, aber das Feuer war abseits der ausgewiesenen Zeltplätze ausgebrochen. Zudem fanden sich keine Spuren eines Lagerfeuers oder weggeworfene Zigaretten. Begünstigt durch die politische Instabilität des Landes und unterstützt auch von staatlichen Organisationen drangen in den letzten Jahren Goldschürfer illegal in den die Tepuis umgebenden Canaima-Nationalpark vor; allerdings mieden diese bislang die nicht als rohstoffträchtig geltenden Tafelberge.

Als wahrscheinlichste Ursache gilt daher Blitzschlag, der die Vegetation entzündet haben könnte. Dennoch sollte sich unter den üblichen dauerfeuchten Bedingungen der Moore auf dem Tepui dadurch kein Feuer ausbreiten können. Der Klimawandel mit steigenden Temperaturen und häufigeren Extremwetterereignissen könnte die Ökologie der Tepuis aber bereits ebenfalls beeinträchtigen: Seltenere Nebel und Niederschläge trocknen die Vegetation aus und begünstigen im Fall der Fälle Feuer – zumal das Risiko steigt, dass Menschen hier absichtlich oder unabsichtlich Feuer auslösen.

Die Pflanzen der Tepuis sind nicht an Feuer angepasst: Brände können also zahlreiche Arten auslöschen, die sich über Millionen Jahre in der Isolation der Hochflächen entwickelt haben und nur hier vorkommen: Etwa 80 Prozent der vorhandenen Spezies gelten als endemisch. Noch war die betroffene Fläche mit 160 Quadratmetern relativ klein. Die Gesamtfläche des Roraima beträgt allerdings auch nur 34 Quadratkilometer: Ein ausgedehnter Brand hätte hier katastrophale Folgen für die Artenvielfalt.

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