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News: Stellarer Kannibalismus

Wissenschaftler haben ein bislang einzigartiges „Doppelsternsystem“ entdeckt: Ein Weißer Zwerg ernährt sich von einem Braunen Zwerg, der eigentlich noch ein Stern sein sollte.
Der Weiße Zwerg im Doppelsternsystem SDSS1212 saugt seinen Begleiter aus.
Das kosmische Duo mit der Bezeichnung SDSS 1212 ist ganz und gar ungewöhnlich: Beobachtungen mit dem Gemini Near Infrared Spectrograph GNIRS am Acht-Meter-Teleskop Gemini-Süd in Chile zeigten, dass hier ein weißer Zwergstern kontinuierlich Materie von seinem Begleiter absaugt. Frühere Untersuchungen des Systems ließen einen gewöhnlichen Braunen Zwerg vermuten, einen Himmelskörper mit einer Masse zwischen 13 und 75 Jupitermassen. In seinem Inneren sind die Temperatur und der Druck zu gering für die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium.

Jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass das planetenähnliche Objekt in SDSS 1212 eigentlich als Stern geboren wurde und erst durch den Materieverlust erloschen ist. Momentan besitzt der Zwerg noch rund 60 Jupitermassen. Wie sein weiteres Schicksal aussieht, ist aber ungewiss. Der Materiefluss könnte frühzeitig zur Ruhe kommen oder auch so lange weitergehen, bis von dem ehemaligen Stern nichts mehr übrig ist.

Der Weiße Zwerg, der seinen Begleiter langsam auffrisst, ist ein so genannter Polar, ein stellarer Exot. Polare sind Mitglieder in Mehrfachsternsystemen und senden stark polarisiertes Licht aus, das in der überströmenden Materie seinen Ursprung hat. Lichtwellen schwingen normalerweise senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung, aber in beliebigen Orientierungen. Sind sie polarisiert, schwingen sie nur in einer bevorzugten Orientierung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung.

Das Gemini-Observatorium verfügt über zwei Teleskope der Acht-Meter-Klasse, die im Optischen sowie im Infraroten beobachten können. Die Instrumente stehen auf dem Cerro Pachon in den chilenischen Anden und auf dem Mauna Kea auf Hawaii.

GNIRS wurde in Arizona/USA gebaut und befand sich seither auf der südlichen Gemini-Sternwarte. Weil sich das Instrument während einer Routinemessung im Jahr 2007 überhitzte, wird es zurzeit repariert. Danach soll es auf dem Mauna Kea zum Einsatz kommen.

MS

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