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Kühle Sterne: Auf Braunen Zwergen wäre Leben möglich

Braune Zwerge sind zu klein für echte Kernfusion. Darum ist es in ihren oberen Schichten fast schon gemütlich. Haben Forscher hier eine habitable Zone übersehen?
Kühler Brauner Zwerg

Braue Zwerge sind bei Lichte betrachtet höchst faszinierende Objekte: Weder sind sie richtige Sterne, denn sie sind zu klein für Kernfusion, noch sind sie Planeten, denn dafür sind sie zu groß, außerdem fehlt die Bindung an ein Zentralgestirn. Milliarden von ihnen dürften los und ledig durch die Milchstraße wandern; weil sie nur schwache Infrarotstrahlung aussenden, kann man sie in Teleskopen kaum erkennen.

Diese einsamen Wanderer könnten dem Leben eine einzigartige Nische bieten, meinen nun Wissenschaftler um Jack Yates von der University of Edinburgh. Denn in den oberen Schichten der Wasserstoffatmosphäre bieten Braune Zwerge der kühleren Sorte selbst für den an irdische Verhältnisse gewöhnten Betrachter angenehme Bedingungen: Zimmertemperatur und ähnlichen Druck wie auf der Erde. Auch Wasser könnte dort in flüssigem Zustand vorliegen.

In dieser "atmosphärischen habitablen Zone" könnten Organismen ein Leben in der Dauerschwebe verbringen – ganz ähnlich wie es auch in der irdischen Atmosphäre schwebende Kleinstlebewesen gibt. Ihre Energie könnten sie aus der Wärme des Braunen Zwergs oder aus chemischen Prozessen gewinnen. Eine externe Energiequelle, wie wir die Sonne, haben die einsamen Zwergsterne nicht.

In einer vorab auf "arXiv" veröffentlichten Studie gehen die Forscher nun der Frage nach, welchen Bedingungen dort lebende Mikroorganismen ausgesetzt wären. Sie bauten dazu das Ökosystem in den oberen Schichten eines Braunen Zwergs vom Typ Y im Computer nach und starteten künstliche Evolution von Überlebensstrategien. Es zeigte sich beispielsweise, dass die durchschnittliche Körpergröße von den genauen Windverhältnissen abhängig ist. Wenn die Atmosphäre eher unbewegt ist, sollten sich winzige Lebewesen ausbilden – entsprechende Mikroorganismen wären rund zehnmal leichter als ihre irdischen Pendants. Solche Winzlinge würden einfach dauerhaft in den angenehmen Bereichen schweben.

Ewiges Auf und Ab?

Gäbe es dagegen starke Thermik beziehungsweise Temperatur- und Dichteschwankungen, sollten sich größere Formen ausbilden, schreiben die Forscher. Größere Kreaturen könnten besser auf Aufwinde reagieren, die sie aus den habitablen Zonen in die eiskalten Randbereiche des Braunen Zwergs schleudern würden. Gleichzeitig müssten sie darauf achten, wegen ihres höheren Gewichts nicht zu weit in die lebensfeindlichen Tiefen des Beinahesterns abzusinken. Dort steigen Druck und Temperatur in Bereiche, die organischem Leben, wie wir es kennen, nicht mehr zuträglich sind.

Unberücksichtigt bleiben dabei freilich noch alle Arten komplexerer Überlebensstrategien. So könnten sich kleinere Lebewesen zu Kolonien zusammenfinden und besser den Aufwinden trotzen, um sich dann wieder zu zerstreuen, wenn der Verbund abzusinken droht. Auch höhere Lebensformen mit aktiven Steuerungsmechanismen sind denkbar. Zumindest im Prinzip. Denn auch wenn die Bedingungen vor Ort für die Aufrechterhaltung von Leben geeignet zu sein scheinen, ist fraglich, ob und wie dort Leben entstehen könnte. Womöglich bieten schwebende Staubkörner Oberflächen, an denen erste einfache biochemische Reaktionen stattfinden können.

Beobachtungen an einem konkreten Y-Zwerg, dem Objekt WISE 0855-0714, belegen immerhin, dass in dessen Atmosphäre fast alle Elemente vorhanden sind, die auf der Erde als lebensnotwendig gelten. Dieser kühle Braune Zwerg hat eine Oberflächentemperatur von unter -13 Grad Celsius und befindet sich in gerade einmal sieben Lichtjahren Entfernung. Laut Statistik sollten sich im Umkreis von 30 Lichtjahren noch zehn weitere Y-Zwerge befinden. Mit Hilfe des auf Infrarotuntersuchungen spezialisierten James-Webb-Weltraumteleskops sollten sie sich künftig besser aufspüren und analysieren lassen. Anhand der Molekülzusammensetzung könnten Astronomen womöglich sogar direkte Spuren außerirdischen Lebens finden.

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