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News: Um jeden Preis

Seit dem Auftreten von AIDS vor etwa zwanzig Jahren forderte das HI-Virus weltweit bereits viele Millionen Menschenleben. Um der Seuche Einhalt zu gebieten, ist ein globaler Feldzug von Nöten, der jedoch seinen Preis hat. Ab dem Jahre 2005 - so errechnete eine internationale Expertengruppe - werden sich die jährlichen Kosten für Vorbeugung und Behandlung der Immunschwächekrankheit auf schätzungsweise 21 Milliarden Mark belaufen.
AIDS hat sich seit den ersten beschriebenen Fällen vor etwa zwanzig Jahren zu einer neuen Geißel der Menschheit entwickelt: Weltweit fielen der Immunschwächekrankheit bisher 22 Millionen Menschen zum Opfer, so lautet die traurige Bilanz. Weitere 36 Millionen sind infiziert und werden vermutlich ebenfalls an der Seuche sterben. Damit hätte das verantwortliche HI-Virus mehr Menschenleben gefordert als Erster und Zweiter Weltkrieg zusammen. Bei der Suche nach Opfern verschont der Erreger keinen Kontinent, insbesondere im südlichen Afrika wütet er verheerend – mit katastrophalen Folgen für die betroffenen Länder.

Um das Virus in seine Schranken zu verweisen, müssen dringend Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Wie hoch der Preis ist, den die Menschheit für den Sieg über die Krankheit zahlen muss, berechneten nun Lori Bollinger und ihre Kollegen von der Futures Group International. Als Grundlage für ihre Kostenabschätzung wählten die Forscher 135 Nationen aus, einschließlich armen afrikanischen Ländern südlich der Sahara und Ländern mit einem mittleren Einkommen wie Brasilien und Thailand, und kamen zu folgendem Ergebnis: Die Ausgaben für die AIDS-Bekämpfung werden im Laufe der Zeit auf 21 Milliarden Mark im Jahr 2005 ansteigen. Von dieser Summe werden allein 11 Milliarden Mark für vorbeugende Maßnahmen wie der Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung und der Verteilung von Kondomen benötigt.

Der restliche Betrag von 10 Milliarden Mark beinhaltet die angemessene Behandlung von Infizierten sowie die Unterstützung der durch AIDS verwaisten Kinder. Darin enthalten sind die Kosten für die Kombinationstherapie HAART (hochaktive antiretrovirale Therapie), bei der drei oder vier gleichzeitig eingenommene Medikamente das HI-Virus jahrelang in Schach halten. Die Studie berücksichtigt hingegen nicht die Kosten, die bei der Entwicklung von neuen Medikamenten und Impfstoffen anfallen.

Bislang geben die untersuchten Staaten jährlich nur etwa vier Milliarden Mark aus, um die Seuche einzudämmen. Wer stellt also die gigantische Geldsumme von 21 Milliarden Mark zur Verfügung? Auch dieser Frage sind die Forscher nachgegangen: Ein Drittel bis die Hälfte der Mittel – so lautet ihre Antwort – werden die betroffenen Entwicklungsländer – Regierungen, Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen – selbst übernehmen müssen, wobei ihre Zahlungsfähigkeit stark schwankt: Beispielsweise könnten das südliche Afrika und Teile Asiens lediglich 20 Prozent der anteiligen Summe tragen, während Länder wie Brasilien 90 Prozent der Rechnung selber begleichen könnten. Um den restlichen Betrag aufzubringen, sind jedoch die reichen Industrienationen gefordert.

Wie Paul de Lay von der U.S. Agency for International Development hervorhebt, ist dies die erste Analyse, die sich den zu erwartenden Ausgaben sehr stark annähert. Doch er kritisiert, dass die Expertengruppe die zusätzlichen Kosten für die grundlegende Infrastruktur, wie den Bau von Krankenhäusern und die Ausbildung von Personal, nicht in die Berechnungen einbezogen hat. Jene Kosten könnten die geschätzte Summe möglicherweise noch um einige Milliarden in die Höhe treiben.

Doch einerlei, wie hoch die Ausgaben letztendlich sein werden: Da sich täglich etwa 16 000 Menschen neu mit dem HI-Virus infizieren, ist ein rasches Handeln zum Besiegen der Krankheit von Nöten. Die Menschheit muss den Wettlauf mit der Zeit gewinnen – um jeden Preis.

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  • Quellen
Science Express 10.1126/science.1062876 (21. Juni 2001)
ScienceNow

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