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»Die zweite Entdeckung der Welt«: Humboldt als Reiseblogger mit Handy

Eine Graphic Novel mit Humor: Wie hätte der Naturforscher von seiner Südamerikareise berichtet, hätte er Social Media nutzen können?
Alexander von Humboldt

Schon das Buchcover lädt zum Hingucken ein: Humboldt hält ziemlich lässig sein flaches Tablet mit einer Hand auf seinem Schoß, hinter ihm auf dem Schreibtisch zeigt der Bildschirm eines Laptops das digitale Foto eines Berges, auch der mitreisende Botaniker Aimé Bonpland scheint nur kurz von seinem Smartphone aufzuschauen, und auf einer alten Truhe liegt ein Selfiestick. Ansonsten sind auf dem Bild Utensilien der damaligen Zeit um 1800 verteilt. Früchte, Pflanzen, Sextant, Federkiel und eine aufziehbare Taschenuhr.

Alexander von Humboldt ist wissbegierig, ungeduldig und voller Freude, als er 1799 endlich seine Forschungsreise antreten kann. Fünf Jahre lang bereist er mit dem Botaniker Aimé Bonpland rund 8 000 Kilometer in Südamerika. Sie durchwandern Steppen und Gebirge, besteigen Vulkane und erkunden Höhlen, kentern auf Flüssen. Auf der Reise zeichnet Humboldt akribisch auf, was er sieht, Landschaften, Menschen, Pflanzen, Tiere, er dokumentiert seine wissenschaftlichen Beobachtungen schriftlich und schreibt Briefe. Er forscht, aber er will sein Wissen auch mitteilen.

Wie hätte seine Kommunikation ausgesehen, wenn es damals schon Handy, Internet und Social Media gegeben hätte? Oder der Forscher auf digitalen Meetings seine Entdeckungen hätte mitteilen können? So eine digitale Version der Reise hat Bettina Schary gezeichnet. Sie transferiert die Berichte aus den Tagebüchern in eine Graphic Novel und transportiert Humboldt – was seine Kommunikation betrifft – in die heutige Zeit. Und zwar ohne, dass es gewollt, angestrengt oder einfach an den Haaren herbeigezogen wirkt. An vielen Stellen laden fiktive Chatverläufe und Instaposts zum Schmunzeln ein.

Zwar hält sich Schary sonst an die Verhältnisse in der damaligen Zeit, doch »ihr« Humboldt nimmt Reisevideos auf und bittet um Likes, sorgt sich nach einer strapaziösen Reise nicht um Wasser, sondern um ein funktionierendes WLAN, bloggt seine Abenteuer online und plaudert nach der Reise in einem Frühstückssender und auf dem Stuhl bei Lanz.

Der damalige Humboldt ist abenteuerlustig, neugierig und testet gern Unbekanntes aus. Vieles in der Version von Schary könnte also passen. Ob er allerdings bei seinen Videos um Likes bitten würde, ist fraglich.

Das Buch ist auf alle Fälle kurzweilig und charmant gezeichnet. Es macht Lust, noch mehr über die wissenschaftliche Arbeit des bekannten Naturforschers zu erfahren, denn den geschichtlichen Background und seine Forschung reißt Schary nur kurz an.

Insgesamt ist Schary mit der Übertragung in die heutige digitale Zeit ein neuer Zugang zu dem visionären Wissenschaftler gelungen. Das Buch ist vielleicht sogar für Kinder geeignet, abhängig davon, ob die Kids schon in den sozialen Medien unterwegs sind. Doch nicht nur für jugendliche Leser ist die Graphic Novel geeignet. Die gezeichnete Geschichte von Schary zeigt auf frische Weise auch Erwachsenen einen jungen Wissenschaftler, der ansteckend wirkt, mit seinem schier unbändigen Drang Neues zu entdecken.

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