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Lexikon der Chemie: Kohlevergasung

Kohlevergasung, ein Verfahren der Kohleveredlung, bei dem Steinkohle, Braunkohle, Torf, Koks oder Braunkohlenbriketts mit Hilfe von Luft oder Sauerstoff und Wasserdampf in Generatoren zu Heizgas oder Synthesegas umgesetzt werden. Wird die K. mit Luft vorgenommen, so hat das Gas (Generatorgas) wegen des hohen Stickstoffanteils der Luft nur einen Heizwert von etwa 5000 kJ/m3 i. N. Ein Heizgas mit einem Heizwert von etwa 10000 kJ/m3 i. N. erhält man, wenn durch die heiße Kohle- oder Koksschicht Wasserdampf geblasen wird. Ein solches Gas wird Wassergas genannt. Da die K. mit Wasserdampf endotherm ist, kühlt sich die Koksschicht ab und muß deshalb mit Luft wieder heißgeblasen werden. Wassergasgeneratoren müssen darum im Wechsel von "Blasen" (Durchleiten von Luft) und "Gasen" (Durchleiten von Wasserdampf) nach dem Regenerativofen-Prinzip betrieben werden. In modernen Anlagen der Heiz- und Synthesegaserzeugung wird die K. im Drehrostgenerator mit einem Gemisch aus Wasserdampf und Sauerstoff unter Druck (Druckvergasung) durchgeführt (Abb.). Dabei laufen die exotherme Vergasungsreaktion mit Sauerstoff 2 C + O2 → 2 CO

ΔRH = -218 kJ/mol und die endotherme Vergasungsreaktion mit Wasserdampf C + H2O → CO + H2 ΔRH = + 130 kJ/mol bei etwa 1000 °C nebeneinander ab. Beim Einsatz von Steinkohle oder Braunkohle findet dabei im oberen Teil des Generators (Schwelschacht oder Schwelzone) gleichzeitig eine Schwelung des Einsatzproduktes statt.

Kohlevergasung. Tab.: Heizwert und Zusammensetzung von Gasen aus der Kohleveredlung.

Gasart Zusammensetzung in % Heizwert kJ/m3
H2 CH4 CO CO2 N2 i.N.
Kokereigas aus
Steinkohle
53 25 6 2 12 19000
Kokereigas aus
Braunkohle
35 15 19 19 12 12500
Schwelgas aus
Braunkohle
8 12 9 18 53 7000
Luftgas 32 3 65 5000
Wassergas 50 40 5 5 10000
Druckgas aus
Braunkohle
50 25 20 3 2 19000

Nachdem das Einsatzprodukt über eine Druckschleuse die Aufheizzone (50 bis 500 °C), die Schwelzone (500 bis 800 °C) und die Vergasungszone (800 bis 1000 °C) durchlaufen hat, wird die zurückbleibende Asche unterhalb des Drehrostes ebenfalls über eine Druckschleuse ausgetragen. Der im Wassermantel erzeugte Dampf wird als Prozeßdampf zur Vergasung eingesetzt. Das den Generator verlassende Gas durchströmt einen Abhitzekessel zur Dampferzeugung und wird dann mit Wasserkühlern gekühlt. Dabei werden Teer und Mittelöl abgeschieden. Das entstandene Leichtöl wird durch Waschen mit Mittelöl aus dem Gasstrom entfernt. In einer nachgeschalteten Gasreinigungsanlage wird das Rohgas von schwefelhaltigen Verunreinigungen (Schwefelwasserstoff, Kohlenoxidsulfid) und Kohlendioxid befreit. Wegen des wesentlich höheren Heizwertes des Erdgases kann der Druckvergasung noch eine Methanisierung des Kohlenmonoxids nachgeschaltet werden: CO + 3 H2

CH4 + H2O; ΔRH = -205 kJ/mol (synthetisches Erdgas).



Kohlevergasung. Abb.: Schema einer Sauerstoff-Druckvergasungsanlage.

Die Druckvergasung von Kohlen kann auch zur Erzeugung von Synthesegas eingesetzt werden.

Stark aschehaltige und schwer abbaubare Kohlen können durch Untertagevergasung vergast werden.

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