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Was dem Mobilfunk recht ist...

Spezielle Funkstationen koppeln lokale und länderübergreifende Netzwerke kostengünstig und mit hohen Datenraten.


Da sitzen Sie nun in Ihrer Firma, greifen von Ihrem PC aus auf das schnelle lokale Netzwerk zu und wollen von dort aus in die weite Welt: Videodaten, hochaufgelöste Graphiken und dergleichen mehr von Ihrem Kooperationspartner in Übersee. Und wundern sich, wie langsam dieser Vorgang läuft. Denn zwischen dem lokalen Netzwerk und den Fernverbindungsnetzen liegt ein Engpaß, ein Flaschenhals.

Fernnetze nutzen vor allem optische Fasern, und diese übertragen Daten mit Raten von Billionen Bit pro Sekunde. Lokale Netze bewältigen inzwischen auch zehn Millionen bis Milliarden Bit pro Sekunde (Mbit/s bzw. Gbit/s). Die Anschlüsse zwischen beiden, meist sogenannte T1-Verbindungen, schaffen aber gerade mal 1,5 Mbit/s. Schwerer trifft es den Privatnutzer, dessen Daten zwischen seinem Computer und dem Internet noch 30mal langsamer reisen.

Eine mögliche Lösung ist der local multipoint distribution service (LMDS), also ein lokaler Dienst, der Daten an viele Empfänger verteilt. Wie ein Mobilfunknetz ist LMDS ein Funksystem, das Signale drahtlos mit bis zu 155 Mbit/s übermittelt (die Sprachverbindung beim Handy arbeitet mit bis zu 64 kbit/s). Überdies kann LMDS mit unterschiedlichen Daten umgehen, unterstützt also Multimedia-Anwendungen von der Internet-Telephonie über Online-Spiele bis zu Videokonferenzen.

Vor allem aber läßt sich dieses System rasch und relativ preiswert installieren. Damit konkurriert es mit jeder Technik, die einen schnellen Zugriff auf das Internet vermittelt. Neue Service Provider, die kein Netz aus Kupferkabeln oder optischen Fasern im Boden liegen haben, können mit diesem drahtlosen Internet-Zugang schnell in den Wettbewerb eintreten. Und wer sein bestehendes Netz zu ergänzen oder auszuweiten sucht, profitiert ebenfalls. Ein Beispiel aus den USA: Weil dort Millionen privater Haushalte an Fernsehkabelnetze angeschlossen sind, erreichen die Netzbetreiber den Privat- und Heimbüromarkt mit Kabelmodems; Geschäftsbetrieben hingegen fehlt zumeist der Kabelanschluß.

LMDS verwendet einen brachliegenden Bereich des elektromagnetischen Spektrums. In den USA hat die zuständige Federal Communications Commission an LMDS-Betreiber eine Gesamtbandbreite von rund 1,3 Gigahertz (GHz) im Millimeter-Wellenband bei etwa 28 GHz versteigert. In anderen Ländern senden die drahtlosen Breitbandsysteme zwischen 2 und 42 GHz. Konventionelle digitale Mobilfunksysteme arbeiten bei etwa 0,8 GHz mit typischen Bandbreiten von 30 MHz oder weniger (D-Netz in Deutschland bei 0,9 GHz, E-Netz bei 1,8 GHz).

Das erforderte allerdings, etliche Komponenten wie Signalprozessoren und Modulationssysteme weiterzuentwickeln, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Leistungen als auch ihrer Kosten. Beispielsweise verwenden die Entwickler gern Galliumarsenid-Schaltungen, weil die höhere Elektronenbeweglichkeit im Vergleich zum Silicium höhere Frequenzen ermöglicht.

LMDS ist wie der Mobilfunk ein zelluläres System, die einzelnen Funkzellen versorgen typischerweise Flächen mit einem Radius von zwei bis fünf Kilometern. Während aber ein Handynutzer telephonieren und sich dabei von einer Zelle in eine andere bewegen kann, bleiben die LMDS-Geräte der Kunden auf festgelegten Positionen. Meist werden ihre Antennen auf Dächern montiert, um "freie Sicht" zur Sende- und Empfangseinheit des Netzbetreibers zu haben.

Die ist nämlich für die ungestörte Funkverbindung erforderlich. Regentropfen streuen, absorbieren und verzerren aber die Millimeterwellen-Signale, Wände von Bauwerken, Hügel und sogar dichtbelaubte Bäume blockieren, reflektieren und stören. Die Folge: Abschattungen, also Gebiete, in die kein Signal dringt. Einige Betreiber haben deshalb vorgeschlagen, jede Zelle mit mehreren Sendern zu bestücken, doch das ist teuer. Die meisten werden wohl versuchen, mit einem auszukommen, den aber so zu positionieren, daß er möglichst viele Nutzer erreicht. Damit ist nicht nur die mögliche Zellgröße beschränkt, es mag auch sinnvoll sein, die Verteilstation mobil zu halten: In einer Industrieansiedlung etwa wechseln die Kunden und damit die optimale Position häufig. Auch diese Mobilität ist ein Vorteil des Konzepts gegenüber festen Netzen.

Die meisten, wenn nicht alle LMDS-Systeme senden Daten nach dem Protokoll des Asynchronen Transfer Modes (ATM), der in Fernverkehrsnetzen häufig eingesetzt wird und einen Mix unterschiedlichster Datentypen erlaubt. Damit lassen sich beispielsweise qualitativ hochwertige Sprachsignale gleichzeitig mit Internet-Daten und Videobildern über ein und dieselbe Kommunikationsverbindung befördern. Alles in allem wird LMDS eine flexible, kosteneffiziente Option sowohl für die Provider als auch für die Nutzer von Breitband-Diensten sein, wobei die schnelle und kostengünstige Installation vor allem für die Betreiber Vorteile bietet.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 2000, Seite 89
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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