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Anorexia nervosa: Psilocybin zur Behandlung von Magersucht erprobt

Magersucht ist mit Medikamenten schwer zu behandeln. Nun erweist sich der psychedelische Wirkstoff Psilocybin als viel versprechend genug für eine umfassendere Studie.
Hand mit Medikamentenkapseln
Die Teilnehmerinnen der Studie bekamen ein künstlich hergestelltes Psilocybin verabreicht (Symbolbild).

Wissenschaftler haben die Wirkung von Psilocybin auf Patientinnen mit Magersucht untersucht. Wie das Team in der Fachzeitschrift »Nature Medicine« schreibt, vertrugen die Teilnehmerinnen die psychoaktive Substanz aus Pilzen wie »magic mushrooms« gut. Zugleich stellten sie bei vier ihrer zehn Patientinnen sogar eine deutliche Verbesserung der Krankheitssymptome auch noch nach drei Monaten fest. Neun von zehn Teilnehmerinnen bewerteten ihre Erfahrungen mit dem therapeutischen Psychedelikum als positiv.

Wie das Team um Stephanie Knatz Peck von der University of California in San Diego schreibt, hatten alle Probandinnen lediglich eine einzelne Dosis des Wirkstoffs bekommen. Allerdings sei ihre Studie nicht darauf ausgelegt gewesen, die therapeutische Wirksamkeit der Psilocybingabe unter Beweis zu stellen, sondern lediglich deren Verträglichkeit. Um zu zeigen, dass Psilocybin tatsächlich die Krankheitssymptome verbessert, müssten deutlich mehr Freiwillige an der Erprobung teilnehmen; zusätzlich bräuchte es eine Kontrollgruppe, die nicht oder anders behandelt wird.

Neben der einmaligen Dosis hatten die Teilnehmerinnen zwei vorbereitende Psychotherapiesitzungen und zwei weitere zur Nachbereitung erhalten. Eine solche psychotherapeutische Begleitung gelte als hilfreiche Methode, um einerseits den therapeutischen Nutzen der Behandlung zu maximieren und andererseits Risiken zu minimieren, die durch die Bewusstseinsveränderung unter Einfluss der Droge entstehen können, schreiben Tomislav Majić von der Berliner Charité und Stefan Ehrlich von der TU Dresden in einem begleitenden Kommentar. Die Ergebnisse der Studie bezeichnen sie als »ermutigend«. Bei besonders schweren Fällen von Magersucht könnte sich erneut die Frage der richtigen Dosierung stellen, das müsse bei einer eventuellen größeren Überprüfung beachtet werden.

Magersucht, auch Anorexia nervosa genannt, gilt als schwer zu behandelnde Essstörung, die meist mit einer Verzerrung des eigenen Körperbilds einhergeht. Betroffene – es handelt sich überwiegend um Frauen – halten sich selbst noch im Zustand starker Unterernährung für zu dick. Zum Krankheitsbild gehört auch eine zwanghafte gedankliche Beschäftigung mit Essensthemen. Bei Studien zur Therapie von Zwangsstörung, die ähnliche Symptome hervorrufen, hat sich bereits gezeigt, dass Psilocybin positive Effekte hat. Auch Menschen mit Depressionen scheinen gut auf die halluzinogenen Wirkstoffe anzusprechen.

Wie genau der bewusstseinsverändernde Wirkstoff auf die Psyche wirkt und warum er dabei therapeutischen Nutzen entfaltet, ist Gegenstand aktueller Untersuchung. Laut einem Erklärungsansatz macht die Droge das Hirn lernfähiger und erleichtert das Knüpfen neuer Hirnnetzwerke. Wie im vorliegenden Fall zeigt sich, dass die erwünschte Wirkung in der Regel bereits nach Gabe weniger Einheiten oder gar nur einer einzigen eintritt. Neben Psilocybin werden auch LSD oder Ayahuasca bereits auf ihren therapeutischen Nutzen getestet.

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