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Fischsaurier in Blauwalgröße: Knochen eines gewaltigen Meeresreptils entdeckt

Der »Fischtitan vom Severn« stellt mit seiner Größe fast alle Ichthyosaurier in den Schatten: Von Kopf bis Schwanz maß er wohl 25 Meter. Das ist doppelt so lang wie ein Bus.
Ein toter Ichthyotitan am Strand
So könnte es ausgesehen haben, wenn der Kadaver eines 25 Meter langen Ichthyotitan angespült wurde. Gefunden wurde das Fossil des Giganten in der Mündung des Severn bei Bristol.

Anhand eines auffällig großen fossilen Kieferknochens haben Wissenschaftler eine neue Art eines Riesen-Ichthyosaurier beschrieben. Ichthyotitan severnensis erreichte zu Lebzeiten wohl eine Körperlänge von geschätzt gut 25 Metern oder mehr. Damit war er mit Sicherheit einer der größten Ichthyosaurier, wenn nicht gar der größte. Zum Vergleich: Gelenkbusse, wie sie in deutschen Städten unterwegs sind, kommen meist nicht einmal auf 20 Meter. Ausgewachsene Blauwale erreichen hingegen mitunter mehr als 30 Meter Länge.

Über den Fund und seine Deutung berichtet ein Team um Dean Lomax, einen Paläontologen von der University of Manchester, im Fachblatt »PLoS ONE«. Gefunden wurde das Fossil an der britischen Westküste in der Mündungsbucht des Flusses Severn, dessen Name sich auch in der Artbezeichnung wiederfindet. »Es ist bemerkenswert, dass Ichthyosaurier von der Größe eines Blauwals in den Ozeanen rund um das heutige Vereinigte Königreich schwammen«, sagt Lomax. Die Vorstellung, dass eines Tages ein vollständiger Schädel oder ein Skelett eines dieser Giganten gefunden werden könnte, sei atemberaubend. »Man kann nie wissen.«

Giganten des Meeres | Ichthyotitan severnensis gehörte zu einer Gruppe von Fischsauriern, die für ihre gewaltige Körperlänge bekannt sind. Spätestens zum Ende der Trias starben sie aus.

Die Angehörigen der neu beschriebenen Art lebten vor rund 202 Millionen Jahren am Ende der Trias. Damit gehören sie in die Spätzeit der Riesen-Fischsaurier, der so genannten Shastasauridae, die allesamt Körperlängen an die 20 Meter oder darüber hinaus aufwiesen. Die übrigen Giganten waren allerdings zu Lebzeiten des Reptils vom Severn bereits seit Millionen Jahren ausgestorben. Doch auch Ichthyotitan severnensis überlebte das Massenaussterben, das am Ende der Trias im Übergang zur Jura-Zeit einsetzte, nicht.

Vater-und-Tochter-Gespann entdeckte das Fossil

Dass sich in den Gewässern um die heutigen Britischen Inseln solche Ichthyosaurier tummelten, hatte bereits ein früherer Fund eines Unterkiefers gezeigt. Der Knochen, über den Lomax und Entdecker Paul de Salle im Jahr 2018 berichteten, gehörte vermutlich einem Individuum der gleichen Art, war aber noch bruchstückhafter erhalten als der neue. Die damals erschienene Fachpublikation hatte allerdings die Aufmerksamkeit des ortsansässigen Fossiliensuchers Justin Reynolds und seiner elfjährigen Tochter Ruby geweckt. Ihnen gelang schließlich der Fund des neuen Unterkieferknochens, den Vater Justin sofort mit dem 2018 beschriebenen Exemplar in Verbindung brachte. Das Fossil lag am Strand der Ortschaft Blue Anchor, rund zehn Kilometer vom Fundort des ersten Riesensaurierknochens entfernt.

Vater und Tochter Reynolds stehen nun auch auf der Autorenliste der Veröffentlichung in »PLoS ONE«. Sie hatten Lomax kontaktiert, der mit seinem Team bei Nachuntersuchungen dann weitere Teile dieses »mehrere Millionen Jahre alten Puzzles« fand. Nach der ersten Entdeckung »hatten wir gehofft, dass eines Tages ein weiteres Exemplar ans Licht kommen würde. Dieses neue Exemplar ist nun vollständiger, besser erhalten und zeigt, dass wir jetzt zwei dieser riesigen Knochen mit ihrer einzigartigen Form und Struktur haben«, erklärt Dean Lomax.

Allerdings standen die Fachleute vor der Aufgabe, allein aus der Größe des mehr als zwei Meter langen Kieferknochens auf die Gesamtlänge des Tiers zu schließen. Sie orientierten sich darum an zwei ähnlichen, aber besser bekannten Ichthyosaurier-Arten und verglichen das Verhältnis der anatomischen Merkmale zueinander. Es zeigte sich beispielsweise, dass identische Merkmale am Kiefer bei ihrem Fund rund fünfmal weiter auseinanderstehen als bei dem Ichthyosaurier Besanosaurus, folglich könnte Ichthyotitan auch insgesamt fünfmal so groß gewesen sein wie dieser. Eine Untersuchung der Knochenstruktur legte zudem nahe, dass das neu gefundene Individuum nicht ausgewachsen war. Womöglich erreichte Ichthyotitan severnensis in voller Größe tatsächlich titanenhafte Ausmaße.

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