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Dunkle Materie: COSINUS soll Signale von Dunkler Materie überprüfen

Am 18. April 2024 wird das Großexperiment COSINUS zum Nachweis Dunkler Materie eingeweiht. Mit seinen Daten könnten jahrzehntelange Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Messungen geklärt werden.
Ein Team von Wissenschaftlern und Technikern installiert den Kryostat
Im Kryostat kann der Kristall aus Natriumiodid fast auf den absoluten Nullpunkt abgekühlt werden. Dadurch können mit dem Detektor sehr schwache Signale gemessen werden.

Die Natur der Dunklen Materie zählt bis heute zu den großen Fragen der modernen Physik. Nach aktuellen Modellen macht sie etwa 84 Prozent sämtlicher Materie im lokalen Universum aus und ist deutlich häufiger als die uns bekannte (baryonische) Materie. Auf der Suche nach ihren möglichen Teilchen beginnen nun Messungen des COSINUS-Projekts (Cryogenic Observatory for SIgnatures seen in Next-generation Underground Searches) im italienischen Gran-Sasso-Massiv. Sie sollen die widersprüchlichen Ergebnisse verschiedener Experimente aus den vergangenen Jahrzehnten auflösen. Erste Ergebnisse werden in den Jahren 2025/2026 erwartet.

Das Herzstück von COSINUS – und ähnlichen Experimenten – ist ein Kristall aus Natriumiodid, der auf wenige hundertstel Grad über dem absoluten Nullpunkt (-273 Grad Celsius) abgekühlt werden kann. Wird der Kristall von Dunkle-Materie-Teilchen getroffen, sollte es zu zwei Reaktionen im Detektor kommen: Erstens werden die Atome des Kristalls in Schwingung versetzt und heizen damit das Kristallgitter auf. Zweitens entsteht Licht im Kristall. Beide Effekte können mit COSINUS gemessen werden. Um das Hintergrundrauschen durch andere Teilchen zu minimieren, befindet sich das Experiment gut abgeschirmt im Grand-Sasso-Massiv unter 1400 Meter Gestein.

Wenn sich Dunkle Materie so nachweisen ließe, sollten die gemessenen Signale über das Jahr hinweg variieren: Die Sonne – und all ihre Planeten – bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von rund 220 Kilometern pro Sekunde um das Zentrum unserer Galaxis. Die Erde wiederum kreist mit einer Geschwindigkeit von rund 30 Kilometern pro Sekunde um die Sonne, für einen kompletten Umlauf braucht sie ein Jahr. Ein halbes Jahr lang bewegt sich die Erde also in die gleiche Richtung wie die Sonne, die anderen sechs Monate in die Gegenrichtung. »Die Situation gleicht einer Autofahrt im Regen: Je schneller wir unterwegs sind, umso mehr Regentropfen prasseln auf die Windschutzscheibe. Wir erwarten also, zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich viel Dunkle Materie zu detektieren«, erklärt Karoline Schäffner vom Max-Planck-Institut für Physik in Garching, einer der beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen.

Seit etwa zwei Jahrzehnten behaupten Forschende des Projekts DAMA/LIBRA (Dark Matter/Large Sodium Iodide Bulk for Rare Processes), das ebenfalls am Gran Sasso National Laboratory angesiedelt ist, solche jährlichen Schwankungen tatsächlich zu registrierten. Die Ergebnisse sind jedoch umstritten, weil sie bisher mit keinem anderen Experiment bestätigt werden konnten und sich die angeblichen Signale stattdessen durch unsaubere Datenauswertung erklären lassen.

Im DAMA/LIBRA-Experiment wird nur das Licht der Kollision zwischen Kristall und Teilchen, nicht aber die Wärme vermessen. Dasselbe gilt für die Nachfolgeprojekte, mit denen die Ergebnisse nicht reproduziert werden konnten. Mit COSINUS haben die Wissenschaftler den Vorteil, dass zusätzlich das Wärmesignal registriert wird. Das kann entscheidende Hinweise darauf liefern, um welche Art von Partikel es sich handelt. So können bereits bekannte Teilchen besser von der Analyse ausgeschlossen und die Datenqualität verbessert werden. Damit sollte sich klären lassen, ob die mit DAMA/LIBRA gemessenen Signale Artefakte einer ungenauen Auswertung sind oder ob sich die Hinweise auf Dunkle Materie verdichten.

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