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Raumfahrt: Doppelte Gefahr für Astronauten

Im Weltraum steigen Hirndruck und Krebsgefahr - beides ist schon länger bekannt. Zwei neue Studien helfen nun dabei, die Gefahr besser abzuschätzen.
Künftig sollen mehr Astronautinnen ins All.

Zwei neue Studien bestärken, dass Reisen ins ferne Weltall ziemlich ungesund für Menschen sind: Demnach verändert sich in der Schwerelosigkeit einerseits das Gehirnvolumen, was langfristig zu Sehproblemen, motorischen Schwierigkeiten und Gedächtnisverlust führen könnte. Andererseits steigt die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu sterben, zumindest wenn man lange Zeit den Schutz des Erdmagnetfelds verlässt. Beide Effekte sind schon seit einiger Zeit bekannt. Die jüngsten Untersuchungen helfen jedoch dabei, ihr Ausmaß besser abzuschätzen.

Larry A. Kramer von der University of Texas und Kollegen haben elf Astronauten vor und nach langen Missionen auf der Internationalen Raumstation ISS in ein MRT gesteckt. Tatsächlich nahmen Gehirn und Gehirnwasser bei den Probanden nach dem Raumflug rund zwei Prozent mehr Volumen ein als vorher, berichten die Forscher im Fachmagazin »Radiology«. Auch dehnte sich die weiße Hirnmasse aus. Bei einigen Raumfahrern verformte sich außerdem die Hirnhangdrüse, die das Hormonsystem reguliert.

Die Veränderungen könnten erklären, wieso rund 60 Prozent aller ISS-Astronauten während ihres Aufenthalts Sehprobleme bekommen: Offenbar drückt das gestiegene Hirnvolumen auf den Sehnerv. In der Studie von Kramers Team blieb die Deformation des Hirns auch ein Jahr nach der Landung noch bestehen. Ohne Gegenmaßnahmen dürfte sie zu akuten Problemen führen, wenn Menschen mehrere Jahre im All verbringen.

Eher langfristig ist der Effekt, dem ein Team um Michael Weil von der Colorado State University nachgespürt hat: Es hat in einer Studie mit 1850 Mäusen untersucht, wie Tiere auf ein Bombardement mit schweren Atomkernen reagieren. Die Partikel sind im Weltall allgegenwärtig; sie stammen aus fernen Supernova-Explosionen und werden vom Erdmagnetfeld abgehalten – entsprechend wenig weiß man über ihre genaue Wirkung auf Organismen.

Bisherige Abschätzungen zur Strahlengefahr auf Raumflügen basieren in erster Linie auf Untersuchungen der Überlebenden der Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki. Diese waren jedoch vorrangig Gammastrahlung ausgesetzt, die Gewebe anders schädigt als schwere Atomkerne. Auch bekamen die Atombombenopfer binnen kurzer Zeit extrem viel Strahlung ab – für Raumreisende würde sich die Belastung hingegen über einen langen Zeitraum aufsummieren.

Dennoch scheinen die Abschätzungen aus Hiroshima und Nagasaki geeignet zu sein, um die Strahlengefahr für Astronauten zu ermitteln, folgern Weil und sein Team in »Science Advances«: Die Mäuse in der Studie entwickelten ähnlich oft Krebs, wie man es auf Basis der Atombombenmodelle erwarten würde. Daneben zeigte die genetisch sehr diverse Versuchsgruppe eine große Bandbreite verschiedener Tumore – auch das deckt sich mit bisherigen Vermutungen. Insgesamt würden rund drei Prozent der Mitglieder einer Marsexpedition irgendwann an einem Tumor sterben, der auf die Weltraumstrahlung zurückgeht, schreiben die Forscher.

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