News: Ein geheimnisvolles Doppelgrab
Nur durch Zufall stieß der Forscher auf das Doppelgrab, denn dessen Existenz wurde durch keinerlei Bodenverfärbungen angezeigt. Die zuerst entdeckte erwachsene Person lag mit dem Gesicht nach unten, eine Hand im Nacken. Der Grund für diese seltsame Haltung ist unbekannt, doch drückt dieses Symbol mit großer Wahrscheinlichkeit keine sonderlich große Achtung vor dem Toten aus.
Van den Broeke hatte vor, das Grab in einem großen Stück auszuheben und später im Labor genauer zu untersuchen. Als der Block jedoch angehoben wurde, kam die zweite Leiche zum Vorschein. Sie war männlich, 1,71 Meter groß und zum Zeitpunkt des Todes etwa vierzig jahre alt. Links und rechts, knapp unterhalb der Gehörgänge, steckten Bronzeringe neben dem Schädel. Van den Broeke glaubt, daß sie die Zöpfe des Mannes gehalten haben, obwohl derartige Haartrachten bei den Herren der damaligen Zeit bislang unbekannt waren. Auf der rechten Seite fand sich noch ein dritter Ring, den der Wissenschaftler für einen Ohrschmuck hält.
Welche Beziehung besteht zwischen den beiden Toten? "Das obere Grab ist genauso tief wie die anderen Gräber auf diesem Friedhof", sagt van den Broeke. "Ich glaube, daß den Leuten bewußt war, daß hier zwei Körper beigesetzt werden sollten. Sie gruben das erste Loch extra tief, legten den Mann hinein, füllten die Grube auf und beerdigten den zweiten Körper darüber quer zum ersten."
Die Anordnung erinnert den Archäologen an eine Grabstätte in der Nähe von Paderborn. Darin ruhten ein Mann und eine Frau, deren Kopf neben den Füßen des Mannes lag. Ihr Schädel wies eine Verletzung auf, so als sei sie direkt an Ort und Stelle getötet und mit dem bereits verstorbenen Mann beigesetzt worden.
Von einer solchen Szene unter Galliern berichtete Caesar einige Jahrhunderte nach dem Grab von Lent in seinem De Bello Gallico: Wenn der Hausherr einer angesehenen Familie gestorben ist, kommen die Familienmitglieder zusammen. Gibt es bezüglich des Todes Verdachtsmomente, verhören sie die Witwe wie eine Sklavin, und wird sie für schuldig befunden, wird sie mißhandelt und anschließend lebendig verbrannt. In Anbetracht des Standes der Zivilisation der Gallier sind ihre Beerdigungszeremonien prächtig und kostspielig. Alles, worauf der Verblichene nach Ansicht der Hinterbliebenen stolz war, auch Tiere, werden in das Feuer geworfen, vor nicht allzu langer Zeit – sofern die Feiern richtig abgehalten wurden –, wurden sogar Sklaven und Diener mitverbrannt, die dem Toten nahestanden.
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