Direkt zum Inhalt

Steinzeit-Kommune: Eine Gemeinschaft im Leben und im Tod

Auch im Tod wollten sie offenbar nicht auseinandergerissen werden. Ein Großgrab im spanischen Alto de Reinoso vermittelt einen Eindruck von jungsteinzeitlichen Gesellschaften.
Ausgrabungen in Alto de Reinoso

Gemeinschaftssinn bis in den Tod bewiesen die Bewohner eines jungsteinzeitlichen Bauerndorfs im heutigen Spanien: Sie lebten offenbar in einer egalitären Gemeinschaft, die auch im Bestattungswesen keine Standesunterschiede kannte. Das schließen Forscher aus der Untersuchung eines 5700 Jahre alten Großgrabs in der nordspanischen Provinz Burgos. Die damaligen Bewohner der Region hatten begonnen, alle ihre Toten in ein und demselben Gemeinschaftsgrab zu bestatten und nicht mehr in Einzelgräbern wie ihre Vorfahren. Das deutet nach Meinung der Wissenschaftler auf einen tief greifenden Wandel in der sozialen Struktur hin. Der Verdacht liege nahe, dass sich eine homogene, weitgehend gleichberechtigte Gemeinschaft herausgebildet hatte. Entsprechend fanden sich auch keine Grabbeigaben wie etwa Schmuck, die auf eine soziale Hierarchie hindeuten würden.

Begraben unter Steinen | Die Rekonstruktion zeigt den Originalzustand des Megalithgrabs von Alto de Reinoso zum Zeitpunkt, als die Archäologen mit ihren Ausgrabungen begannen.

Schon 2006 hatten Archäologen in der nordspanischen Provinz Burgos das Grab mit den sterblichen Überresten von mindestens 47 Personen gefunden. Nun hat ein interdisziplinäres Team die bisher umfangreichste Untersuchung einer Kollektivbestattung in Spanien vorgelegt. Die Wissenschaftler um den Anthropologen Kurt W. Alt von der Universität Basel gehen davon aus, dass die Dorfbewohner das Grab ungefähr 100 Jahre lang nutzten. Eine Analyse der archäologischen Schichten hat ergeben, dass vermutlich drei bis vier Generationen ihre Angehörigen dort bestatteten.

Insgesamt haben Alt und seine Kollegen eine enorme Fülle an Daten zusammengetragen, die ihnen neue Erkenntnisse über das Zusammenleben in der Jungsteinzeit bescherten. Gleichzeitig ist es ihnen gelungen, einige lange gehegte Vermutungen erstmals umfassend empirisch zu belegen. Neben Informationen zur Ernährung und zum Gesundheitszustand der Dorfbewohner erfassten sie auch Stressmarker und dokumentierten Verletzungsspuren. Dadurch ergebe sich ein umfassendes Bild davon, wie die Menschen in der Gemeinschaft in Leben und Tod miteinander verbunden gewesen seien, sagt Erstautor Alt. Auch scheinen die Menschen ein vergleichsweise friedfertiges Leben geführt zu haben: An den Knochen fanden die Forscher keine Verletzungsspuren, die auf kriegerische Auseinandersetzungen hindeuteten.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.