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Hitzewellen im Meer: Korallenbleiche erreicht tiefere Gewässer

Weltweit sind Ozeane so warm wie lange nicht mehr. Für Korallen ist die Hitze fatal. Sogar Bereiche abseits der Oberfläche sind von der Bleiche betroffen.
Ein vielfältiges Korallenriff im Indischen Ozean in einer Tiefe von 90 Metern. Links ist das Riff beleuchtet, man sieht ausgebleichte Korallen, die rechte Hälfte ist dunkel
Dieses Korallenriff im Indischen Ozean zeigt Zeichen von Stress: Korallen sind ausgebleicht, weil die Wassertemperaturen einen Schwellenwert überschritten haben.

Lange galten Korallenriffe in tieferen Gewässern als relativ sicher vor den Folgen des Klimawandels und der damit einhergehenden Aufheizung der Ozeane. Eine Studie aus dem Indischen Ozean zeigt aber, dass selbst in 90 Meter tiefem Wasser Korallenriffe vor der fatalen Bleiche nicht mehr sicher sind. Das berichtet ein Team um Clara Diaz von der University of Plymouth in »Nature Communications«: Es handelt sich um die tiefste bislang nachgewiesene Korallenbleiche, die bei anhaltender Wärmebelastung oder zu häufigem Auftreten zum Absterben ganzer Riffe führen kann.

Die Erwärmung des Wassers erreicht damit auch in dieser Tiefe einen kritischen Schwellenwert, an dem die Korallen symbiontische Algen abstoßen, die ihnen unter anderem ihre Farbe verleihen. Wird es zu warm, produzieren die Symbionten Giftstoffe, vor denen sich die Koralle schützen will. Ohne die Algen kann sie mehrere Wochen überleben, danach sinkt ihre Vitalität jedoch rasch bis zum Tod. Dieser Prozess ist aus oberflächennahen Riffen bekannt und gut untersucht; 2015 und 2017 sorgten zwei starke marine Hitzewellen dafür, dass im Indischen Ozean bis zu 80 Prozent aller Korallen abstarben.

Als Diaz und Co 2019 auf Tauchfahrt rund um das in den Jahren davor stark betroffene Chagos-Archipel gingen, waren sie überrascht, dass die Bleiche sogar Korallen in tieferen Gewässern erreicht hatte. Neben der Erwärmung durch den Klimawandel hatte ein natürliches Klima- und Meeresphänomen, der Indischer-Ozean-Dipol, das Wasser aufgeheizt: Diese natürlich vorkommende Anomalie der Meeresoberflächentemperatur erwärmte das Wasser noch um weitere 30 Prozent über das normale Mittel, weil sich die Thermokline (der Übergang von Wasserschichten unterschiedlicher Temperatur) in größere Wassertiefen verlagert hatte.

Statt von 22 Grad Celsius warmem Wasser waren die Korallen in der Tiefe nun von 29 Grad warmem Wasser umhüllt – was ihren Toleranzbereich überstieg. »Was wir aufgezeichnet haben, zeigt eindeutig, dass diese Bleiche durch eine Vertiefung der Thermokline verursacht wurde. Dies lässt sich auf das regionale Äquivalent eines El Niño zurückführen, dessen Zyklen sich durch den Klimawandel verstärken könnten. In Zukunft wird die Bleiche im tieferen Ozean hier und anderswo wahrscheinlich regelmäßiger auftreten«, sagt Diaz.

Immerhin war diese Bleiche nicht von Dauer: Folgende Tauchfahrten 2020 und 2022 zeigten, dass sich große Teile des Riffs wieder erholt hatten. Das gilt auch für die oberflächennahen Korallen, die nach dem Doppelschlag 2015 und 2017 wieder auflebten. Das Chagos-Archipel bildet dafür aber womöglich gute Bedingungen: Im Gegensatz zu vielen anderen Riffen fehlen andere schädigende Faktoren wie küstennahe Landwirtschaft mit eingetragenen Nähr- und Schadstoffen, massenhafter Tauchtourismus oder Überfischung.

Abwarten muss man zudem die Folgen des Jahres 2023: Weltweit waren die Meere deutlich wärmer als im langjährigen Mittel. Viele Wissenschaftler hatten deshalb schon zum Jahresbeginn ein globales Ausbleichen befürchtet. Erste Daten aus der Karibik, vor Florida und Australien deuten an, dass 2023 katastrophal für Korallenriffe war.

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