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Nahrungskette: Insektensterben sorgt für Nahrungsmangel

Viele Vögel sind auf fette Insektenbeute angewiesen. Doch was passiert, wenn diese zunehmend fehlt? Eine Studie findet einen weiteren Beleg für das Insektensterben.
Falkennachtschwalbe (Symbolbild)

Die wenigsten Menschen haben wohl schon einmal eine Schwarzkehl-Nachtschwalbe (Antrostomus vociferus) gesehen. Aber dank ihres Gesangs hat sie es vielfach in die Literatur und Legenden der Neuenglandstaaten der USA geschafft: So wird ihr nachgesagt, dass sie es spürt, wenn eine Seele ihren Körper verlässt, und diese fangen kann. Der charakteristische Ruf "whip-poor-will", der dem Vogel seinen englischen Namen verlieh, erklingt jedoch mittlerweile seltener im Osten Nordamerikas. Um rund ein Drittel ist der Bestand in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen. Und der Grund dafür ist in zunehmendem Maße auch Nahrungsmangel, wie Philina English von der Simon Fraser University und ihr Team in "Frontiers in Ecology and Evolution" erläutern. Die Verwandten unseres Ziegenmelkers fressen bevorzugt große Fluginsekten, doch diese scheinen ebenfalls zu schwinden.

Deshalb verglichen die Biologen die Isotopenverhältnisse von Stickstoff in Museumsexemplaren der Schwarzkehl-Nachtschwalben aus dem 19. und 20. Jahrhundert, um eventuelle Verschiebungen in den Beutespektren zu ermitteln: Kleine Insekten mit eher vegetarischer Kost weisen ein anderes Isotopenverhältnis in ihrem Körper auf als größere Arten, die wiederum die kleinen Spezies erbeuten. Und das schlägt sich in Federn und Krallen der Vögel nieder, welche diese Tiere fressen. Verschiebt sich in deren Körper das Isotopenverhältnis in Richtung der Zusammensetzung der Kleininsekten, so deutet das auf ökologische Verwerfungen hin. Denn fettere Beute ist natürlich nahrhafter, während schmale Kost die Überlebensfähigkeit sowie den Fortpflanzungserfolg schmälern.

Und tatsächlich belegen English und Co, dass sich die chemischen Spuren der Insekten im Körper der Nachtschwalben seit dem 19. Jahrhundert deutlich verändert haben: Sie fressen heute sehr viel mehr kleine Fluginsekten als dicke Käfer oder Falter. Diese Nahrungsumstellung könnte einer der wichtigsten Gründe sein, warum die Art im Bestand abnimmt. Unklar ist aber noch, wo die Insektenzahlen abnehmen und in welchen Regionen dies den größten Einfluss auf die Vögel hat. Betrifft es die US-Golfküste, wo die Tiere vor und nach ihrer Passage über das Meer Kraft tanken müssen? Oder sind die sommerlichen Brutquartiere am stärksten mitgenommen, wo Mangel den Nachwuchs beeinflusst? Außerdem ist noch nicht sicher, welche Faktoren die Insektenzahl drücken – neben dem Pestizideinsatz in der Landwirtschaft stehen Lichtverschmutzung oder die Kollision mit Fahrzeugen in der engeren Auswahl. Diese Fragen wollen die Wissenschaftler ebenso angehen wie die Suche nach weiteren betroffenen Vogelarten: Schwalben, Segler oder Würger gehören zu den stark an Zahl abnehmenden Vogelarten Nordamerikas und Europas, und sie sind fast reine Insektenfresser.

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