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Kleingewässermonitoring: Zu viele Pestizide gelangen ins Wasser

Kleine Bäche und Gräben sind in Deutschland in keinem guten Zustand. Durch mangelnden Gewässerschutz gelangen zu viele Spritzmittel ins Wasser, kritisiert das Umweltbundesamt.
Bach bei Königsmoos in Bayern
Deutsche Bäche und »Kleingewässer« sind überwiegend in keinem guten ökologischen Zustand. Als Grund dafür machen Fachleute den Eintrag von Pestiziden aus der Landwirtschaft aus.

Überall dort, wo viele Pestizide auf den umliegenden Äckern eingesetzt werden, ist die Belastung in den angrenzenden Bächen und Gräben besonders hoch. Das ergab jetzt eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Die Ergebnisse widersprechen der Einschätzung, dass sich Pflanzenschutzmittel nur auf die behandelten Äcker selbst auswirken. Allerdings lasse sich der Pestizideintrag verringern, zum Beispiel mit dauerhaft bewachsenen Pufferstreifen entlang der Gewässer. Sie könnten den oberirdischen Abfluss beispielsweise nach einem Regenguss verringern, heißt es in einer Mitteilung der Behörde.

Die Studie wurde von Fachleuten des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig durchgeführt. Für ihr bundesweites Kleingewässermonitoring erfassten sie in den Jahren 2018 und 2019 ökologische Daten zu mehr als 100 Gewässerabschnitten. Der aktuelle Bericht ordnet die älteren Befunde weiter ein. Dafür standen erstmals auch die tatsächlichen Aufzeichnungen der Landwirte in den Einzugsgebieten der Gewässer zur Auswertung zur Verfügung.

Sie zeigen, dass in der Realität weit höhere Mengen an Pestiziden in die Gewässer gelangen als vorhergesagt. In jeder zweiten Wasserprobe überschritten Wirkstoffe, die in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden, die akzeptablen Konzentrationen. Zudem haben die Pestizidrückstände weit stärkere Auswirkungen auf die Tiere und Pflanzen im Gewässer als bislang angenommen. Die Lebensgemeinschaft der Insekten war in vier von fünf untersuchten Bächen nur in einem mäßigen bis schlechten Zustand, fasst das UBA zusammen.

Die Autorinnen und Autoren des Berichts machen dafür zu laxe Umweltschutzmaßnahmen verantwortlich. Zwar sind an den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verschiedene Auflagen und Einschränkungen geknüpft, um den oberirdischen Abfluss zu verringern, diese seien jedoch entweder nicht ausreichend oder würden nicht umgesetzt. Zudem sei das Zulassungsverfahren lückenhaft und veraltet.

Vom Ziel der »unbelasteten Gewässer in gutem ökologischem Zustand« sei man in Deutschland weit entfernt, zitiert die Mitteilung den Präsidenten des Umweltbundesamtes, Dirk Messner. Auch kleine Gewässer in der Agrarlandschaft sollten möglichst schadstofffrei und in einem guten ökologischen Zustand sein. Sie bieten zahlreichen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum und beeinflussen letztendlich auch die Trinkwasserqualität.

Das Umweltbundesamt fordert angesichts der Ergebnisse, das Zulassungsverfahren zu modernisieren und den tatsächlichen Pestizideinsatz mit seinen Umweltauswirkungen besser zu untersuchen. Zudem müssten Schutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Dauerhaft bewachsene Gewässerrandstreifen an allen kleinen Gewässern der Agrarlandschaft – allerdings ohne die bisher üblichen Ausnahmen – sieht das Umweltbundesamt als wirkungsvoll an. Einer unlängst publizierten Studie zufolge gibt es beim Gewässerschutz in Europa seit zehn Jahren kaum noch Fortschritte: Seit 2010 stagniert die Wasserqualität, ohne aber den Artenreichtum vorindustrieller Zeiten erreicht zu haben.

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