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News: Polymer bekennt Farbe

Moderne Kunststoffe werden zunehmend auch für Bereiche interessant, die bislang allein Metallen oder anderen Materialien vorbehalten waren. So weiß man schon recht lange, dass bestimmte Polymere elektrischen Strom leiten können. Aus ihnen haben nun Wissenschaftler auf einfache Weise ein nanostrukturiertes Hybridmaterial hergestellt, dass auf veränderte Umwelteinflüsse, wie Temperaturerhöhung, mechanische Belastung oder chemische Reizung, mit einem Wechsel der Farbe reagiert.
Kunststoffe, die elektrischen Strom leiten, gibt es bereits seit den 70er Jahren. Für ihre Entdeckung gab es 2000 den Nobelpreis für Chemie. Sie bestehen in der Regel aus einem kettenartigen Molekül, bei dem Einzel- und Doppelbindungen einander abwechseln, wie es beispielsweise bei Polyacetylen der Fall ist. Leider liegen diese so genannten konjugierten Polymere von Natur aus ganz und gar nicht in Form geordneter Molekülketten vor: "Herkömmliche konjugierte Polymere sehen aus wie ein Knäuel verworrener Spaghetti in einer Schüssel", erzählt Jeff Brinker von den Sandia National Laboratories und der University of New Mexico. Um die Eigenschaften des Kunststoffes nutzen zu können, muss dieses Tohuwabohu zunächst einmal entwirrt werden.

Das gelingt unter anderem, indem man eine anorganische, poröse Struktur – beispielsweise Siliziumdioxid-Stukturen mit kleinen Poren – eine Lösung des Polymers oder Monomers aufsaugen lässt. Das löchrige Gerüst richtet dann die Polymerketten in gewünschter Weise aus und verleiht dem gesamten Mischmaterial eine vergleichsweise große Stabilität. Allerdings gestaltet sich dieser Herstellungsprozess meist sehr langwierig und ist demzufolge auch sehr kostspielig.

Brinker und seine Kollegen wählten deshalb einen etwas anderen, schnelleren Weg: Sie stellten ein Monomer her, das an einer Seite Wasser-anziehend (hydrophil) und an der anderen Wasser-abweisend (hydrophob) war. Derartige Moleküle scharen sich gern zusammen und bilden eine regelmäßige Anordnung winziger Kügelchen – ein Prozess der molekularen Selbstorganisation also. Zusammen mit Kieselsäure auf ein Substrat aufgebracht, entstand so ein Film mit einer gitterartigen Porenstruktur, wobei der Durchmesser der Polymer-gefüllten Hohlräume zwischen 2,5 und 3 Nanometern lag.

Die Forscher leiteten anschließend mit ultraviolettem Licht den Prozess der Polymerisation ein, wobei sich die Monomere zu Polymeren mit einem "Rückgrat" aus Polydiacetylen verketteten und sich der farblose Film blau verfärbte. Die Farbe kennzeichnet, dass der Film im hohen Maße polymerisiert ist. Zusätzlich zeigten die Forscher, dass die Schicht ihre Farbe bei höheren Temperaturen von blau zu rot wechselt – wobei sich der Vorgang sogar wieder rückgängig machen lässt. Die Farbe änderte sich offenbar deshalb, weil der Aufbau der Polymere durch die Temperatur bedingt variiert. Die Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass aus ähnlichen Gründen ihre Substanz auch auf unterschiedliche Lösungsmittel mit einem Farbumschlag reagierte. Selbst mechanische Belastung vermag das Material umzufärben.

All das macht die eingebetteten Kunststoffe als Sensor für bestimmte Umwelteinflüsse interessant. So zeigte auch die NASA Interesse an ihnen, und unterstützte die Arbeit. Die Weltraumorganisation überlegt, ob sie das Material für besondere aufblasbare Gebäude nutzen könnte, die vielleicht einmal helfen, den Mars bewohnbar zu machen. Die Außenhaut würde dann beispielsweise durch leuchtend rote Farbe anzeigen, dass eine Reparatur nötig wäre.

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  • Quellen
Sandia National Laboratories
Nature 410: 885–886 (2001)
Nature 410: 913–917 (2001)

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