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Wahrnehmung: Manche Menschen sehen Bewegungen besser

Wie viele Bilder pro Sekunde jemand wahrnimmt, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch offenbar merklich. Das könnte manchen einen Vorteil bei bestimmten Sportarten oder beim Gaming verschaffen.
Ein Tennisspieler in weißer Kleidung hechtet auf dem Platz einem Ball hinterher.
Einige Menschen punkten bei Sportarten wie Tennis durch ihr Sehsystem womöglich leichter.

Wie schnell Tiere sichtbare Veränderungen ihrer Umwelt wahrnehmen können, variiert zum Teil stark. Über eine extrem hohe visuelle zeitliche Auflösung verfügen Schmeißfliegen und Libellen, die rund 300 Bilder pro Sekunde sehen. Besonders langsame Augen haben hingegen manche Seestern-Arten, die auf nicht einmal ein Bild pro Sekunde kommen. Menschen liegen mit etwa 60 Bildern pro Sekunde zwischen diesen beiden Extremen. Allerdings, das hat nun ein Team um Clinton Haarlem vom Trinity College Dublin entdeckt, kann sich dieser Wert von Person zu Person offenbar deutlich unterscheiden. Die Differenzen sind mitunter ähnlich groß wie die zwischen nahe verwandten Spezies, die verschiedene ökologische Nischen besetzen und zum Beispiel unterschiedlich schnelle Beute jagen, wie die Gruppe im Fachmagazin »PLOS ONE« berichtet.

Um die visuelle zeitliche Auflösung zu ermitteln, bedienen sich Forscherinnen und Forscher in aller Regel eines Kniffs: Sie setzen ihre Versuchspersonen flackerndem Licht aus und messen, bei welcher Frequenz die Probanden das Flimmern nicht mehr als solches wahrnehmen und stattdessen den Eindruck einer gleich bleibenden Lichtintensität haben. Dieses Experiment führten Haarlem und seine Kollegen mit 88 Männern und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren durch. In mehreren Durchläufen untersuchten sie, wie sich die Wahrnehmungsgeschwindigkeit zwischen den einzelnen Teilnehmern unterschied. Sie erhoben aber auch, wie sehr sich der Wert bei ein und derselben Person im Lauf der Zeit veränderte.

Die Ergebnisse zeigen, dass die zeitliche Auflösung bei einem bestimmten Menschen unter ähnlichen Bedingungen in aller Regel recht konstant bleibt. Bei Frauen schwankt der Wert interessanterweise etwas stärker als bei Männern, wofür die Forscher bislang keine Erklärung haben. Zwischen den einzelnen Probanden offenbarten sich hingegen erhebliche Unterschiede: Während manche Teilnehmer noch mehr als 60 Lichtblitze pro Sekunde wahrnahmen, waren es bei anderen gerade einmal 35.

»Wir wissen noch nicht, wie sich diese Unterschiede in der visuellen zeitlichen Auflösung auf unser tägliches Leben auswirken. Aber wir glauben, dass individuelle Unterschiede in der Wahrnehmungsgeschwindigkeit in Hochgeschwindigkeitssituationen deutlich werden könnten, in denen man sich schnell bewegende Objekte lokalisieren oder verfolgen muss«, sagt Haarlem. Menschen, die mehr Veränderungen pro Sekunde wahrnehmen, könnten einen Vorteil bei bestimmten Sportarten wie Tennis haben oder im Gamingbereich. Ob die Unterschiede in den Augen oder im Gehirn entstehen, ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt aber bereits Hinweise darauf, dass sich die zeitliche Auflösung unter bestimmten Umständen verändert, etwa nach körperlicher Anstrengung oder wenn wir älter werden.

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