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Kosmologie: Weltraumteleskop Euclid öffnet seine Augen

Nach vier Wochen Reisezeit ist das Weltraumteleskop Euclid an seinem Bestimmungsort, dem Lagrange-Punkt L2, angekommen. Erste Testaufnahmen mit beiden Instrumenten belegen eine hohe optische Qualität sowohl im sichtbaren Licht als auch im Infraroten.
Künstlerische Darstellung von Euclid
Mit der Euclid-Mission der ESA sollen zwei große kosmologische Fragen beantwortet werden: »Was sind die grundlegenden physikalischen Gesetze des Universums?« und »Wie ist das Universum entstanden und woraus besteht es?«.

Rund elf Jahre nach dem offiziellen Beginn des Projekts im Jahr 2012 hat das Weltraumteleskop Euclid nach einer vierwöchigen Reise zum Lagrange-Punkt L2 seine ersten Bilder geliefert. Es sind zwar noch unbearbeitete Rohbilder, aber sie belegen eine sehr gute optische Qualität des Teleskops und seiner beiden Instrumente VIS (Visible Instrument) und NISP (Nahinfrarotspektrograf und Photometer). Die Aufnahmen zeigen Sternfelder mit einzelnen Galaxien im Hintergrund und sind gestochen scharf. Somit hat das Teleskop die rauen Bedingungen während des Starts augenscheinlich gut überstanden.

VIS besteht aus 36 CCD-Chips mit insgesamt 609 Megapixeln und ist damit eine der größten Digitalkameras im Weltraum. Das Instrument deckt den Spektralbereich von 550 (grünes Licht) bis 900 Nanometer (Nahinfrarot) ab und dient zur Aufnahme von Bildern. NISP verwendet einen CCD-Detektor aus 16 CCD-Chips mit insgesamt 64 Megapixeln. Es nimmt Daten im infraroten Spektralbereich von 900 bis 2000 Nanometer auf und erzeugt sowohl Bilder als auch Spektren der beobachteten Objekte.

Euclids erstes Testbild im sichtbaren Licht | Gestochen scharf schon auf dem Rohbildern präsentieren sich Sterne und Galaxien auf den ersten Euclid-Bildern im sichtbaren Licht. Rechts ist eine Detailvergrößerung des im linken Bild markierten Bereichs zu sehen. Die feinen Striche sind Spuren geladener Partikel aus dem All, die während der Aufnahme auf Euclids Detektoren trafen. Sie werden auch als Cosmics bezeichnet.

Euclid soll zum ersten Mal systematisch vom Weltraum aus den Einfluss der nach wie vor rätselhaften Dunklen Materie und der Dunklen Energie auf die Entwicklung und die räumliche Struktur des Universums erkunden. Beide Komponenten machen zusammen 95 Prozent des Kosmos aus, während die gewöhnliche Materie auf nur etwa fünf Prozent kommt. Der Einfluss der Dunklen Materie bestimmt die Schwerkraft innerhalb und zwischen den Galaxien sowie Galaxienhaufen; die Dunkle Energie wird für die beobachtete beschleunigte Ausdehnung des Kosmos verantwortlich gemacht. Euclid soll rund ein Drittel des Himmels abtasten und dabei schon nach wenigen Tagen mehr wissenschaftliche Bildinformationen zur Erde senden als das Weltraumteleskop Hubble in den bislang 33 Jahren seit Beginn seiner Beobachtungen.

An der Instrumentierung von Euclid sind deutsche Forschungsinstitute maßgeblich beteiligt, darunter das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München. Sie entwickelten und bauten unter anderem Schlüsselkomponenten für die Optik. Die vier bis zu 18 Zentimeter großen und 2,5 Kilogramm schweren Linsen des NISP-Instruments bilden das größte Linsenobjektiv, das jemals in den Weltraum geschickt wurde. Mit einer Einstellgenauigkeit von weniger als einem Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares (etwa 0,007 Millimeter) ist es zudem das am besten justierte Objektiv aller Weltraummissionen. Um die notwendigen Genauigkeiten zu erreichen, wurden völlig neue Methoden im Hinblick auf die Fertigung und die Ausrichtung der Linsen erarbeitet. Insgesamt sind Forschungseinrichtungen in 17 Ländern an Euclid beteiligt, darunter auch Institute in den USA, Kanada und Japan.

Testbild im Infraroten, aufgenommen von Euclid | Auch im Infraroten liefert das Weltraumteleskop Euclid sehr detailreiche Bilder. Rechts ist vergrößert dargestellt, was im linken Bild markiert wurde. In diesem ist auf etwa »11 Uhr« eine Spiralgalaxie mit zentralem Balken zu sehen. Der helle Strich rechts könnte die Spur eines geladenen Teilchens auf dem Detektor oder eine Strichspur eines Asteroiden sein.

Euclid kann nicht den gesamten Himmel abbilden, da unser Milchstraßensystem mit seinen mehreren hundert Milliarden Sternen den Himmel so ausfüllt, dass man die Galaxien vor lauter Sternen nicht sieht. Auch die Ansammlungen von Gas und Staub in der galaktischen Ebene verschleiern die Sicht. Außerdem wird Euclid die Ebene des Sonnensystems meiden, da hier Staub den Himmel im Infraroten deutlich aufhellt und die Messungen verfälscht. Somit beschränken sich Euclids Beobachtungen auf etwa ein Drittel des Himmels, wo weder Objekte noch Staub im Vordergrund die Sicht behindern.

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