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Weltraumteleskop Gaia: Das massereichste stellare Schwarze Loch der Galaxis

Eine unsichtbare Raumzeitfalle mit 33 Sonnenmassen wird von einem Stern umkreist. Das System ist rund 2000 Lichtjahre entfernt und befindet sich im Sternbild Adler. Es ist das dritte Schwarze Loch, das mit dem ESA-Weltraumteleskop Gaia entdeckt wurde und auch das massereichste.

Zum dritten Mal ist es gelungen, mit dem Weltraumobservatorium Gaia der Europäischen Raumfahrtagentur ESA ein Schwarzes Loch aufzuspüren. Gaia BH3, so sein Name, erweist sich dabei als das massereichste stellare Schwarze Loch mit 33 Sonnenmassen. Die Beobachtungsdaten zeigen eine geringfügig schwankende Position eines massearmen Sterns am Himmel. Das System befindet sich im Sternbild Adler und ist ungefähr 2000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Der massearme Stern umkreist in 11,6 Jahren ein völlig unsichtbares, aber viel massereicheres Objekt: Gaia BH3. Ein Team um Pasquale Panuzzo vom Observatoire de Paris veröffentlichte die Entdeckung in der Fachzeitschrift »Astronomy & Astrophysics«.

Schwarze Löcher mit Gaia

Normalerweise sind Schwarze Löcher bekannt dafür, dass sie Materie und Strahlung aus ihrer Umgebung verschlingen. Wenn das geschieht, wird Materie stark komprimiert, um in das Nadelöhr Schwarzes Loch stürzen zu können. Dabei wird das einfallende Gas auf Millionen Grad aufgeheizt und leuchtet enorm hell, vor allem im Bereich der Röntgenstrahlen. Mit entsprechenden Weltraumobservatorien kann das so sichtbar gemachte Schwarze Loch detektiert werden.

Die Umlaufbahn des Sterns am Himmel | Die Positionsmessungen des Sterns mit Gaia sind als schwarze Punkte dargestellt. Es sind Gruppen von jeweils acht oder neun Einzelmessungen. Die blaue Kurve symbolisiert die an diese Daten angepasste 11,6-jährige Umlaufbahn des sichtbaren Sterns; der kleine rote Kringel ist die Bahn des unsichtbaren Schwarzen Lochs um den gemeinsamen Schwerpunkt des Paars. Die strichpunktierte Linie weist vom Zentrum zum Bahnpunkt des geringsten Abstands der beiden Partner. Oberhalb der längeren punktierten Linie ist der Stern uns näher als das Schwarze Loch, darunter ist es umgekehrt. Eine Millibogensekunde ist ein winziger Winkel, ungefähr der zweimillionste Teil des scheinbaren Durchmessers des Vollmonds am irdischen Himmel.

Bei den drei bisher mit Gaia aufgespürten Schwarzen Löchern – Gaia BH1, Gaia BH2 und Neuzugang Gaia BH3, wobei BH für Schwarzes Loch (englisch: black hole) steht – lief das ganz anders. Vom Stern tritt keine Materie zum Schwarzen Loch über, so dass es nicht zum Ausbilden eines gut sichtbaren Röntgendoppelsterns kommen konnte. Die Schwarzen Löcher von Gaia konnten nur indirekt dank ihrer heftigen Gravitationswirkung auf einen jeweils nahen Stern aufgespürt werden. Das führt zu winzigen Positionsschwankungen der umlaufenden Sterne am Himmel und weil Gaia genau das hochpräzise messen kann, fiel das auf (siehe »Die Umlaufbahn des Sterns am Himmel«).

Zudem können Astronominnen und Astronomen eine Tiefeninformation gewinnen und herausfinden, wie die Bewegung des Sterns entlang unserer Sichtlinie verläuft. Kommt er auf uns zu, wird die Sternstrahlung blauverschoben, entfernt er sich, gibt es eine Rotverschiebung. So kann mit Hilfe des Dopplereffekts die Bewegung in 3-D spektroskopisch bestimmt werden. Erst dann sind Fachleute in der Lage, die Masse des Schwarzen Lochs zuverlässig mit dem dritten keplerschen Gesetz zu ermitteln.

Übersicht der drei Schwarzen Löcher von Gaia | Die blauen Ellipsen geben die Bahnen der Sterne (gelbe Kreise) relativ zu den Bahnen der Schwarzen Löcher (schwarze Punkte) wieder, die ihrerseits kleinere Bahnellipsen (rot) aufweisen. Es wurde hier angenommen, dass wir senkrecht auf die Bahnebene blicken. Gaia BH3 und sein stellarer Begleiter beschreiben eine besonders große Ellipse am Himmel. Sie nähern sich bis auf ungefähr 4,5 Astronomische Einheiten (rund 700 Millionen Kilometer) an. Die eingetragenen Sternpositionen wurden am 10. März 2016 erreicht. Die Umlaufrichtung ist in allen drei Fällen im Uhrzeigersinn.

Ende 2022 wurde das erste Schwarze Loch mit Gaia entdeckt. Es heißt Gaia BH1, hat zehn Sonnenmassen und ist nur 1550 Lichtjahre entfernt. Gaia BH2 bringt fast neun Sonnenmassen auf die Waage und hat eine Distanz von etwa 3800 Lichtjahren zur Erde (siehe »Übersicht der drei Schwarzen Löcher von Gaia«). Vermutlich ist das erst die Spitze des Eisbergs. Die Fachwelt vermutet einige Millionen der stellaren Schwarzen Löcher im ganzen Milchstraßensystem. Es ist anzunehmen, dass die meisten von ihnen so unscheinbar sind wie die drei Schwarzen Löcher von Gaia.

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  • Quellen
Panuzzo, P. et al.: Discovery of a dormant 33 solar-mass black hole in pre-release Gaia astrometry, Astronomy & Astrophysics 2024. DOI: 10.1051/0004–6361/202449763
Video (Langversion): Die Entdeckung eines schlafenden Schwarzen Loches mit Gaia
Video (Kurzversion): Die Entdeckung eines schlafenden Schwarzen Loches mit Gaia

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