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Windkessel-Technik: Wie steter Wasserdruck in den Feuerwehrschlauch kam

Für frühe Feuerwehrleute war nicht garantiert, dass der Löschschlauch einen gleichmäßig starken Wasserstrahl produzierte – bis der Windkessel aufkam. Aber erst jetzt ist klar, was das Gerät leisten konnte.
Illustration von George Washington als freiwilliger Feuerwehrmann.
Angeblich war der erste Präsident der Vereinigten Staaten auch bei der freiwilligen Feuerwehr. Diese Illustration soll jedenfalls George Washington (1732–1799) im Einsatz zeigen – samt Löschfahrzeug.

Wenn es irgendwo brennt, rückt die Feuerwehr an und löscht per Schlauch. Doch wann hielten Brandbekämpfer erstmals einen solchen Schlauch ins Feuer, der einen steten Strahl produzierte – und wie funktionierten solche Geräte? Das fragten sich die beiden Physiker Trevor Lipscombe von der Catholic University of America und Don S. Lemons vom Bethel College in North Newton. Also machten sie sich auf die Suche, wie sie im »American Journal of Physics« berichten, und wurden im 18. Jahrhundert fündig, als offenbar erstmals ein Druckbehälter zum Einsatz kam – der so genannte Windkessel –, der für einen gleichmäßigen Wasserstrahl sorgte. Den physikalischen Prozess in dem historischen Gerät haben Lipscombe und Lemons nun erstmals analysiert und seine damalige Effektivität berechnet.

Um Wasser durch einen Schlauch zu pressen, reicht im Grunde eine Pumpe. Allerdings spritzt die Flüssigkeit dann nicht kontinuierlich, sondern schubweise aus dem Schlauch. Für einen gleichmäßigen Strahl sei eine zusätzliche Vorrichtung nötig, betonen Lipscombe und Lemons. Und ein solches Gerät steckte wohl erstmals in einem Löschfahrzeug des englischen Erfinders Richard Newsham. Er meldete in den Jahren 1721 und 1725 derartiges Feuerwehrgerät zum Patent an. Bis heute haben sich einige Exemplare von Newshams Erfindungen erhalten, die Lipscombe und Lemons zwar nicht als Testobjekte nutzen konnten, aber zur Grundlage für ihre Berechnungen nahmen. Ebenso werteten sie historische Dokumente und Videoaufnahmen von modernen Versuchen mit Newshams Feuerwehrauto aus.

Wie ist dieses Löschfahrzeug aufgebaut? Über eine doppelte Kolbenpumpe wird Wasser, das zuvor mit Eimern herangeschafft wurde, in eine fest konstruierte, luftdichte Kammer gefüllt – den Windkessel. Um nun den Schlauch am anderen Ende der Kammer gleichmäßig mit Wasser zu beschicken, wird bei starker Befüllung die »im oberen Teil der Kammer eingeschlossene Luft komprimiert«, erklären die Forscher. Weiter heißt es in ihrer Studie: »Während der Phase mit niedriger Einspritzrate dehnt sich die Druckluft dann aus und stößt das Wasser durch ein Rohr oder einen Schlauch hervor.« Auf diese Weise ließen sich Druckschwankungen ausgleichen.

Löschfahrzeug | Das Exemplar befindet sich im Museum von Colonial Williamsburg, einem historischen Viertel der Stadt Williamsburg im US-Bundesstaat Virginia. Das Gerät wurde nach einem Patent von Richard Newsham aus dem Jahr 1725 erbaut. Die Pumptechnik funktionierte mittels eines Windkessels.

Ob Newsham tatsächlich der Erfinder des Windkessels war, ist unklar. Doch Lipscombes und Lemons’ Berechnungen zeigten, dass sein Gerät effektiv arbeitete. Zwar vernachlässigten sie Parameter wie die Lufttemperatur im Windkessel oder etwaige Widerstände in den Leitungen, aber ihre Analyse ergab, dass das Wasser mit nur sehr geringen Schwankungen von 16 Prozent aus dem Schlauch geströmt haben könnte. Diese seien demnach nicht groß genug gewesen, »um überhaupt bemerkt zu werden«, schreiben Lipscombe und Lemons. Wäre kein Windkessel zwischengeschaltet, würden die Leistungsschwankungen deutlich stärker ausfallen und ungefähr 80 Prozent betragen.

Bevor Newsham seinen Windkessel auf den Markt brachte, hatten bereits andere Erfinder nach Lösungen für Löschfahrzeuge gesucht. So auch der Niederländer John Lofting (1659–1744). Er patentierte ein Löschsystem namens »sucking worm«, zu Deutsch: saugender Wurm. Dabei handelte es sich um eine Pumpe mit Lederschlauch. Damals galt der Schlauch laut Lipscombe und Lemons als Neuheit. In Anzeigen für Loftings Gerät, aus der Zeit von 1714 bis 1727, heißt es, der Saugwurm könne einen dauerhaften Wasserstrahl erzeugen und »400 Fuß hoch« spritzen. Letzteres sei sicherlich übertrieben, schreiben die beiden Physiker, und »Ersteres vermutlich auch«. Das bezeugt zumindest, dass Werbung offenbar schon vor 300 Jahren zur Übertreibung neigte.

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