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Stellarphysik: Wird dieser mysteriöse Wolf-Rayet-Stern zu einem Magnetar?

Ein Stern, der bereits seit 100 Jahren bekannt ist, weist laut neueren Untersuchungen interessante Eigenschaften auf. Demnach könnte der magnetische heliumreiche Stern HD 45166 im Lauf seines Lebens zu einem Magnetar werden.
Künstlerische Darstellung eines stark magnetischen Neutronensterns
Der Stern HD 45166 könnte am Ende seiner Existenz zu einem Magnetar werden. Das ist ein Neutronenstern mit einem extrem starken Magnetfeld. (Illustration)

Neutronensterne gehören zu den eindrucksvollsten Objekten unseres Weltalls. Sie entstehen, wenn das Leben eines massereichen Sterns in einer Supernova zu Ende geht. Dazu muss der Vorgängerstern eine Masse haben, die mehr als das Achtfache der Sonnenmasse beträgt. Es kann geschehen, dass ein Neutronenstern zu einem Magnetar wird. Darunter versteht man einen schnell rotierenden Neutronenstern mit einem extrem starken Magnetfeld, Billionen Mal stärker als jenes der Erde.

Magnetare machen laut Theorie ungefähr zehn Prozent der gesamten Neutronensternpopulation des Universums aus. Wie genau diese Objekte entstehen, ist noch unklar, auch wenn es dazu einige weithin akzeptierte Theorien gibt. Ein Team um Tomer Shenar von der Universität Amsterdam geht dieser rätselhaften Angelegenheit in einer im Fachjournal »Science« veröffentlichten Studie noch etwas tiefer auf den Grund.

HD 45166 ist ein Doppelsternsystem mit einem Wolf-Rayet-Stern und einem Hauptreihenstern im Sternbild Einhorn und befindet sich etwa 3000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Wolf-Rayet-Sterne sind bekannt für ihre hohe Masse, die typischerweise zwischen 20 und 100 Sonnenmassen liegt. Außerdem haben sie üblicherweise mit mehreren 10 000 Kelvin eine sehr hohe Oberflächentemperatur und gehören zum Spektraltyp O oder B. Zum Vergleich: Die Oberflächentemperatur unserer Sonne beträgt lediglich rund 5700 Kelvin. Im Allgemeinen sind Wolf-Rayet-Sterne die frei gelegten Heliumkerne von massereichen Sternen, die ihre äußere Wasserstoffschicht verloren haben. Sie verdanken ihren Namen den französischen Astronomen Charles Wolf und Georges Rayet, die 1867 erstmals Sterne dieser Art mit dem Foucault-Teleskop in Paris entdeckten.

Wie eingangs bereits erwähnt, wurde HD 45166 bereits vor 100 Jahren entdeckt, allerdings konnte sein seltsames Verhalten mit bisherigen Modellen nicht erklärt werden. Das liegt auch daran, dass, abgesehen von seiner Masse und seinem hohen Heliumgehalt, recht wenig über den Stern bekannt ist. Interessant an der neuen Studie ist die Annahme von Shenar, dass er magnetisch sein könnte, Das beeinflusst bekanntermaßen das Verhalten von Sternen.

HD 45166 | Das Doppelsternsystem besteht aus einem gewöhnlichen Hauptreihenstern des Spektraltyps B (links) und einem Wolf-Rayet-Stern (rechts) mit einem starken Magnetfeld. Aus diesem könnte sich nach einer Supernova-Explosion eines Tages ein Magnetar bilden.

Um diese Vermutung bestätigen oder widerlegen zu können, muss also das Magnetfeld von HD 45166 vermessen werden. Das Forschungsteam nutzt dazu das Canada-France-Hawaii Telescope (CFHT). Auch die Europäische Südsternwarte (ESO) war mit einem ihrer Instrumente beteiligt, dem Fiber-fed Extended Range Optical Spectrograph (FEROS) am La-Silla-Observatorium in Chile. Aus diesen Messungen ergab sich ein Wert von 43 Tesla für das Magnetfeld, was ungefähr dem 100 000-Fachen des Erdmagnetfelds entspricht. Gleichzeitig macht das den Stern zum magnetischsten Wolf-Rayet-Stern, der bis dato identifiziert werden konnte.

In der Studie wurde allerdings nicht nur die Annahme von Shenar bestätigt, denn das Team fand auch heraus, dass der Stern mit nur zirka zwei Sonnenmassen eine deutlich geringere Masse hat als bisher angenommen. Weiterhin ist die Umlaufbahn des Wolf-Rayet-Sterns um den gemeinsamen Schwerpunkt größer, als alte Messungen ergeben hatten. Der Ursprung der hohen Magnetfeldstärke wird dadurch begründet, dass der Wolf-Rayet-Stern in HD 45166 durch die Verschmelzung von zwei kleineren, heliumreichen Sternen entstanden ist. Doch was genau sagt uns diese neue Untersuchung jetzt über den Ursprung von Magnetaren?

Da das Objekt ungefähr die zweifache Sonnenmasse hat, wird angenommen, dass der Stern in seiner Entwicklung zunächst einen Gravitationskollaps durchlebt und dann nach seiner Explosion zu einem Neutronenstern wird. Obwohl die Vorhersage des Endzustands des Sterns von den Unsicherheiten der Entwicklungsmodelle abhängt, die das Team verwendete, um die Entwicklung von HD 45166 zu simulieren, sind die Berechnungen dennoch konsistent mit dieser Annahme. Während des Kollapses muss die gesamte Magnetfelddichte erhalten bleiben. Nimmt man nun wie in der Studie einen Enddurchmesser des Neutronensterns von 24 Kilometern an, so kommt man zu dem Ergebnis, dass er eine Magnetfeldstärke von zehn Milliarden Tesla haben muss. Dies entspricht dem typischen Magnetfeld eines Magnetars.

Womöglich gibt es noch viele weitere Wolf-Rayet-Sterne, die noch nicht als magnetisch identifiziert worden sind, schreibt die Gruppe um Shenar in der Studie. Auch wenn die neue Arbeit das Verständnis von HD 45166 auf ein anderes Niveau gehoben hat, bleibt es dennoch fraglich, ob sich der Wolf-Rayet-Stern in ferner Zukunft tatsächlich in einen Magnetar verwandeln wird.

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