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Die Quadratur des Rechtecks

Treitz-Rätsel

Zerschneiden Sie bitte ein beliebiges Rechteck in 5 Polygone und setzen Sie diese zu einem Quadrat zusammen. Mit "beliebig" ist dabei gemeint, dass Sie nicht ein Rechteck aussuchen können, mit dem das besonders einfach geht, sondern dass jemand, der Sie ärgern will, eins aussuchen darf, mit dem es nicht besonders einfach geht.

Im ersten Schritt müssen wir die Seiten des Quadrats finden, und wir wollen es elementar-geometrisch tun (also nicht mit dem Taschenrechner). Dazu hilft uns ein Satz, der nahe mit dem pythagoreischen verwandt ist.

Die Quadratseite finden wir mit dem Höhensatz: Im rechtwinkligen Dreieck ist das Produkt der Hypotenusenabschnitte gleich dem Quadrat der Höhe (\(p\cdot q=h^2\)). Zeichnerisch brauchen wir dazu den nach Thales benannten (Halb-) Kreis:

Das ganz große Rechteck hat nun zwei Diagonalen, die eine (blaue) geht durch die gemeinsame Ecke der beiden einander flächengleichen Rechtecke (von denen eins hier das Quadrat ist, das wir zusammensetzen wollen). Warum sind die beiden flächengleich? Wir haben es mit dem Satz von den Ergänzungsparallelogrammen zu tun (Euklid I,43), der auch Satz vom Gnomon genannt wird. Die blaue Diagonale teilt das große Rechteck in zwei (große) Dreiecke. Ziehen Sie von beiden die zwei (weißen) Teildreiecke ab, so bleiben die beiden Rechtecke übrig, die dann ebenfalls flächengleich sein müssen. Mit diesem Satz hätten wir auch zu dem gegebenen Rechteck ein flächengleiches mit einer vorgegebenen Seitenlänge finden können.

Die andere (rote) Diagonale hilft uns beim Zerlegen des Rechtecks. Aber wie?

Die zusätzlichen Trennlinien sind parallel zu schon vorhandenen Geraden, nämlich der roten Diagonalen und den Seiten.

Für bestimmte Seitenverhältnisse gibt es auch Zerlegungen mit weniger als 5 Teilen. Roland Schröder hat eine dreiteilige Lösung gefunden, die der gezeigten sehr ähnlich ist und sich auch in geringfügig anderer Form im Internet findet:

Die dreiteilige Lösung funktioniert bis zu einem Seitenverhältnis von 4:1, die fünfteilige bis 9:1. In den anderen Fällen kann man vorher endlich viele Rechtecke, so breit wie die Quadratseite, abschneiden und verlagern. Bei den ganz langgestreckten Rechtecken werden es mehr als 5 Teile.

Dass man ein Rechteck in ein Quadrat durch Zerlegung in endlich viele Teile umlegen kann, ist nicht so ganz selbstverständlich. Tatsächlich gibt es den Satz von Bolyai und Gerwien, der besagt, dass alle einander flächengleichen ebenen Polygone durch Zerlegung in endlich viele Teil-Polygone ineinander umgebaut werden können, kurz formuliert: Aus Flächengleichheit von ebenen Polygonen folgt ihre Zerlegungsgleichheit (und außerdem auch ihre Ergänzungsgleichheit, d. h. sie lassen sich durch endlich viele Polyeder zu gleichen Figuren ergänzen) und umgekehrt. Für ebene Polygone sind also Flächengleichheit, Zerlegungsgleichheit und Ergänzungsgleichheit äquivalent zueinander: Aus einer dieser Relationen folgen die beiden anderen.

Für krummlinig begrenzte ebene Figuren (z. B. Kreise) gilt das durchaus nicht: Man benötigt zur Flächenbestimmung Grenzwertbetrachtungen und/oder unendlich viele Teile. Noch erstaunlicher ist es, dass auch geradlinig und eben begrenzte Figuren (also Polyeder) in 3 Dimensionen diese Eigenschaft nicht haben: Sogar Pyramiden gleichen Volumens kann man nur in Spezialfällen durch Zerlegung in endlich viele Polyeder ineinander umbauen. Das ist im Wesentlichen der Satz, mit dem Max Dehn 1901 das dritte aus der Reihe der 23 berühmten, von Hilbert 1900 formulierten mathematischen Probleme erledigte. Von Vladimir G. Boltjansky gibt es ein ganzes Buch darüber: "Hilbert's Third Problem".

Nun haben wir ja nicht immer nur Rechtecke, sondern auch andere Polygone. Diese kann man immer in Dreiecke zerschneiden. Zeigen Sie bitte noch, wie man ein beliebiges Dreieck durch Zerlegung in ein Rechteck gleicher Fläche umbauen kann. Wenn man eine Rechteckseite in die größte Dreiecksseite legt (oder wenn das Dreieck spitzwinklig ist), geht das besonders einfach:

Was machen wir aber mit diesem Dreieck, wenn sich das Rechteck auch hier an der unteren Seite ausrichten soll?

Im gegebenen Fall (der immer noch einigermaßen freundlich ist), geht es so:

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