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Die fabelhafte Welt der Mathematik: Welche ist die größte endliche Zahl?

Die Anzahl aller Teilchen im Universum erscheint winzig im Vergleich zu den großen Zahlen in mathematischen Beweisen. Manche Werte haben es sogar ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft.
Stufen die immer steiler nach oben gehen und in einen nach oben gerichteten Pfeil münden
Wie würden Sie vorgehen, um eine möglichst große endliche Zahl zu definieren?

Was ist die größte natürliche Zahl, die Ihnen einfällt? Ein unendlicher Wert (ja, es gibt mehrere), ist nicht erlaubt. Sie könnten viele Nullen auf eine Eins folgen lassen. Wenn Sie besonders ehrgeizig sind, opfern Sie vielleicht mehrere Minuten oder gar Stunden, um etliche Ziffern auf mehreren Seiten Papier zu schreiben. Oder Sie lassen ein Computerprogramm die lästige Arbeit machen. Um solchen Tricksereien zu entgehen, hat der Mathematiker Joel David Hamkins bei seinem »Largest number Contest« nur jene Zahlen zugelassen, die sich auf einem kleinen Zettel eindeutig definieren lassen.

Hat man nur eine begrenzte Fläche zur Verfügung, kann man versuchen, den Zettel mit möglichst vielen Zahlen zu füllen, etwa viele kleine Neunen. Wahrscheinlich ist es sogar geschickter, Einsen zu notieren, da 1 weniger Platz verbraucht als 9 und somit eine deutlich längere Zahl entsteht. Man kann aber auch Rechenoperationen ausnutzen, etwa eine 10 mit einer großen Zahl x potenzieren: Damit erhält man 10x, eine Eins gefolgt von x Nullen. Ein Beispiel dafür ist die Zahl 10100 (eine Eins mit 100 Nullen), die als »Googol« bekannt ist. Den Wert hatte der US-amerikanische Mathematiker Edward Kasner 1920 eingeführt und seinen damals neunjährigen Neffen gebeten, ihm einen Namen zu geben. Tatsächlich haben die Programmierer Larry Page und Sean Anderson die Firma »Google« nach dieser Zahl benannt, sich aber verschrieben.

Selbst wenn sich der Zahlenwert eines Googols leicht angeben lässt, ist es schwer, sich eine solche Größe vorzustellen. Die Zahl übersteigt beispielsweise die Avogadro-Konstante (6,02214076·1023), historisch definiert als Zahl der Teilchen in zwölf Gramm des Kohlenstoff-Isotops 12C. Ein Googol ist auch wesentlich größer als die Anzahl aller Teilchen im Universum, die auf einen Wert zwischen 1084 und 1089 geschätzt wird. Um ein besseres Gespür für ein Googol zu bekommen, kann man das Gewicht eines Elektrons (etwa 10-30 Kilogramm) mit dem des gesamten Universums (das auf zirka 1052 Kilogramm geschätzt wird) in Verhältnis setzen: Man erhält den Faktor 1082, was immer noch deutlich kleiner ist als ein Googol: Das gesamte Universum ist gerade einmal ein milliardstel milliardstel Googol schwerer als ein einzelnes Elektron.

Viele Menschen denken, Mathematik sei kompliziert und öde. In dieser Serie möchten wir das widerlegen – und stellen unsere liebsten Gegenbeispiele vor: von schlechtem Wetter über magische Verdopplungen hin zu Steuertricks. Die Artikel können Sie hier lesen oder als Buch kaufen.

Diese Beispiele veranschaulichen, wie unvorstellbar groß ein Googol ist. Doch nichts hält uns davon ab, den Trick mit der Potenzierung noch einmal anzuwenden, um eine noch größere Zahl zu definieren. Man kann beispielsweise 10Googol bilden, also eine Eins gefolgt von Googol-vielen Nullen. Auch diesen Zahlenwert hat Kasner beschrieben und nannte es »Googolplex«. Googol und Googolplex hat Kasner in seinem Buch »Mathematics and the Imagination« eingeführt, um den Unterschied zwischen riesigen Zahlenwerten und Unendlichkeiten zu verdeutlichen.

Von Googol zu verschachtelten Potenzen

Um Hamkins Wettbewerb zu gewinnen, könnte man eine noch größere Zahl definieren, indem man 10Googolplex bildet und diese dann wieder als Exponenten für eine Zehn verwendet und so weiter. Verschachtelte Potenzen wie neun hoch neun hoch neun hoch neun erzeugen sehr schnell riesige Zahlenwerte. Dafür berechnet man erst 99 = 387 420 489 und potenziert dann neun mit diesem Ergebnis und erhält 4,28·10369693099. Diese Zahl wählt man anschließend wieder als Exponent von neun, berechnet also neun hoch 4,28·10369693099. Einen so großen Wert kann kein Computer ohne weitere Tricks berechnen.

Wenn Sie jetzt denken, dass solche Zahlen – abgesehen von der Tatsache, dass sie groß sind – keine wissenschaftliche Bedeutung haben, liegen Sie falsch. Ein Beispiel dafür ist die 1933 veröffentlichte »Skewes-Zahl«, die bei der Untersuchung von Primzahlen auftaucht. Sie hat den Wert 10 hoch 10 hoch 10 hoch 34 und stellte damals, laut dem Mathematiker G. H. Hardy »die größte Zahl dar, die je einem bestimmten Zweck in der Mathematik gedient hat«.

Mit der Pfeilschreibweise zu immer größeren Zahlen

Das Konzept der wiederholten Potenzierung, die beim Googolplex und bei der Skewes-Zahl genutzt wurde, lässt sich verallgemeinern. Dazu kann man sich die Definition der Grundrechenarten ins Gedächtnis rufen: Aus der wiederholten Addition der gleichen Zahl (etwa 6 + 6 + 6) definiert man die Multiplikation (3·6). Eine hintereinander ausgeführte Multiplikation derselben Zahl (etwa 6·6·6) schreibt man als Potenz (63). Ebenso kann man eine neue Operation einführen, die mehrere aufeinander folgende Potenzierungen beschreibt, etwa 6 hoch 6 hoch 6, was der Informatiker Donald E. Knuth 1976 abkürzend als 6↑↑3 notierte. Um diese Zahl zu berechnen, bildet man zunächst die Potenz 66 (was nach Knuth 6↑6 geschrieben wird und 46 656 ergibt) und potenziert dann die Zahl 6 damit, also: 646656 ≈ 2,66·1036305.

Damit entspricht a↑↑b also a hoch a hoch a … – das Ganze b-mal, beziehungsweise: aaaa↑…↑a (insgesamt b-mal). Das Konzept lässt sich weiter verallgemeinern: Die Doppelpfeiloperation kann man ebenfalls mehrmals hintereinander ausführen: a↑↑a↑↑a entspricht in Knuths Notation a↑↑↑3. Ein Beispiel dafür ist: 3↑↑↑3 = 3↑↑3↑↑3 = 3↑↑(3↑3↑3) = 3↑↑(3↑27) = 3↑↑(327) = 3↑↑(7625597484987), also 3 hoch 3 hoch 3 hoch … und zwar insgesamt 7625597484987-mal. Wie man unschwer erkennen kann, führt die Pfeilschreibweise selbst auf kleine Zahlen angewandt sehr schnell zu unglaublich großen Werten.

Um Ordnung zu finden, braucht man riesige Zahlen

Und tatsächlich gibt es Bereiche der Mathematik, in denen man die Pfeilschreibweise braucht. Ein berühmtes Beispiel dafür ist die Ramsey-Theorie, die sich mit Ordnung in Mengen beschäftigt. Denn wie Frank Plumpton Ramsey Anfang des 20. Jahrhunderts bemerkte, scheint vollkommenes Chaos unmöglich. In allen Mengen weisen die Elemente gewisse Regelmäßigkeiten auf. Ein beliebtes Beispiel dafür ist der Satz von Ramsey: Sobald man eine Party mit mindestens sechs Personen veranstaltet, gibt es stets eine Dreiergruppe von Leuten, die sich entweder alle gegenseitig kennen oder sich alle fremd sind. In mathematische Sprache übersetzt: Sobald man eine Menge mit sechs Elementen (die Gäste) hat, die man beispielsweise durch Punkte darstellt, jeden davon mit allen anderen verbindet (gegenseitige Bekanntschaften), kann man diese mit zwei verschiedenen Farben färben (blau: beide Personen kennen sich, rot: Personen sind sich unbekannt). Insgesamt hat das dadurch entstehende Netzwerk 15 Verbindungen, auch Kanten genannt, wodurch es 215 verschiedene Möglichkeiten gibt, die Kanten zu färben. Wie man zeigen kann, taucht jedes Mal entweder ein rotes oder ein blaues Dreieck innerhalb des Netzwerks auf.

Graphen mit sechs Knoten
Graphen mit sechs Knoten | Eine Auswahl an Netzwerken mit sechs Knoten, die alle miteinander verbunden sind. Die Kanten können entweder blau oder rot sein.

Die Ramsey-Theorie beschäftigt sich mit der Frage, wie groß eine Menge mindestens sein muss, damit bestimmte einfarbige Objekte darin auftauchen. Und wie sich herausstellt, kann die Antwort schnell sehr groß werden. 1980 schaffte es einer dieser Werte, die so genannte Grahams Zahl, sogar ins Guinnessbuch der Rekorde, als die größte in einem mathematischen Beweis verwendete Zahl.

Grahams Zahl bricht alle Rekorde

Der Mathematiker Ronald Graham hatte die nach ihm benannte Zahl eingeführt, als er hochdimensionale Würfel mit der Ramsey-Theorie untersuchte. Angenommen, man verbindet alle acht Eckpunkte eines dreidimensionalen Würfels durch Linien und färbt jede der so entstehenden 28 Verbindungen entweder rot oder blau ein. Man hat also 228 Möglichkeiten, das Netzwerk zu färben. Gibt es unter diesen vielen Varianten immer (wie im unteren Bild gezeigt) vier Punkte in einer Ebene, deren Verbindungen die gleiche Farbe haben? Die Antwort lautet: nein. In drei Dimensionen kann man die Kanten so kolorieren, dass jedes Quartett von Punkten in einer Ebene sowohl blaue als auch rote Verbindungen enthält.

Graham-Würfel | Findet man stets vier Eckpunkte in einer Ebene des Würfels, die durch gleichfarbige Kanten verbunden sind? In drei Dimensionen lässt sich einfach ein Gegenbeispiel konstruieren.

Aber warum bei drei Dimensionen Halt machen? Das Problem lässt sich verallgemeinern: Ein vierdimensionaler Würfel hat zum Beispiel 16 Eckpunkte, die man durch 120 Linien verbindet. Damit gibt es 2120 Möglichkeiten, die Kanten rot und blau zu färben. Allerdings gibt es auch in diesem Fall Beispiele, bei denen die Verbindungen von Punkten in derselben Ebene stets zweifarbig sind. Graham stellte sich also die Frage: Ab welcher Dimension n gibt es im hochdimensionalen Würfel mindestens eine Ebene, deren Punkte zwangsweise durch gleichfarbige Kanten verbunden sind?

Falls die Dimension n Grahams Zahl entspricht, dann gibt es auf jeden Fall eine solche Ebene im hochdimensionalen Würfel. Allerdings ist Grahams Ergebnis so groß, dass man den Wert durch eine Rechenvorschrift ausdrücken muss:

  1. Man startet mit dem Wert g(1) = 3↑↑↑↑3, also 3↑↑↑3↑↑↑3 = 3↑↑↑(3↑↑(7625597484987)). Dieser Startwert ist bereits extrem groß.
  2. Anschließend berechnet man g(2), indem man 3↑g(1)3 berechnet, also 3 durch g(1)-viele Pfeiloperationen mit 3 verknüpft. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie riesig g(2) ist, wenn man bedenkt, wie groß das Ergebnis von »nur« vier Pfeilen zwischen zwei Dreien ausfällt.
  3. Doch damit ist nicht Schluss. Von g(2) ausgehend erhält man g(3), indem man 3↑g(2)3 bildet, also 3 durch g(2)-viele Pfeiloperationen mit 3 verknüpft.
  4. So macht man weiter und definiert immer riesigere Werte, bis man schließlich bei g(64) landet: Grahams Zahl.

Selbst wenn sich niemand nur die Länge dieser gigantischen Zahl vorstellen kann, ist es dennoch möglich, ihre letzten Ziffern anzugeben: …7262464195387. Denn Grahams Zahl ist zumindest theoretisch berechenbar – auch wenn kein Supercomputer jemals den exakten Wert bestimmen kann. Um Grahams ursprüngliche Frage zu beantworten, bräuchte man also einen g(64)-dimensionalen Würfel. Allerdings stellt Grahams Zahl bloß eine Abschätzung dar: Bei dieser Dimension ist sichergestellt, dass es eine Ebene mit gleichfarbigen Verbindungen gibt – doch das heißt nicht, dass es die kleinste Dimension ist, bei der das der Fall ist. Inzwischen weiß man, dass die benötigte Dimension n zwischen 13 und (2↑↑5138)·((2↑↑5140)↑↑(2·2↑↑5137)) liegt.

Nimmt man an, dass ein künftiger Supercomputer in der Lage wäre, eine Ziffer von Grahams Zahl pro Planck-Zeiteinheit (der kleinsten durch aktuelle physikalische Theorien beschreibbare Zeitskala, zirka 5·10-44 Sekunden) zu berechnen, dann könnte er pro Sekunde etwa 2·1043 Ziffern ausgeben. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass es in rund 1023 Jahren (3·1030 Sekunden) keine Planeten mehr in unserem Universum gibt. Falls der hypothetische Supercomputer so lange rechnen würde, hätte er nach dieser Zeit bloß 6·1053 Ziffern von Grahams Zahl berechnet.

Wie viele Baumdiagramme finden Sie?

Grahams Zahl scheint also alle Rekorde zu brechen. Und doch stellt sich heraus, dass sie geradezu winzig im Vergleich zu anderen Werten ist, die ebenfalls ihren Weg in mathematische Veröffentlichungen gefunden haben. Ein beeindruckendes Beispiel ist die Zahl TREE(3). Die TREE(n)-Funktion ergibt sich durch ein einfaches Spiel, bei dem es darum geht, möglichst viele Baumdiagramme (zusammenhängende Netzwerke ohne Schleifen) zu zeichnen. Die Regeln für das Spiel sind einfach: Finden Sie möglichst viele Baumdiagramme, deren Punkte Sie mit n Farben kolorieren können. Starten Sie dabei mit der einfachsten Struktur (einem einzelnen Punkt) und achten Sie darauf, dass kein Diagramm ein ursprüngliches Baumdiagramm enthalten darf.

Hat man nur eine Farbe zur Verfügung (n = 1), dann gibt es nur einen möglichen Baum, einen einzelnen Punkt. Denn sobald man zwei Punkte verbindet, enthält die Struktur das ursprüngliche Diagramm (den Punkt). Also ist TREE(1) = 1. Mit zwei Farben (etwa rot und blau, n = 2) gibt es hingegen drei Möglichkeiten: Sie können zum Beispiel in Rot einen einzelnen Punkt zeichnen, dann einen Baum, der aus zwei verbundenen blauen Punkten besteht und schließlich einen einzelnen blauen Punkt. Damit ist TREE(2) = 3. Sobald man allerdings drei Farben zulässt (n = 3), explodiert die TREE-Funktion: TREE(3) ist so groß, dass sie selbst Grahams Zahl klein aussehen lässt.

TREE(3) | Die ersten Graphen einer TREE(3)-Folge.

Um die Größe von TREE(3) abzuschätzen, kann man eine untere Schranke definieren, also eine Zahl, die mit Sicherheit deutlich kleiner ist als TREE(3). Wie der Mathematiker Harvey Friedman 2006 herausfand, übersteigt TREE(3) den Wert g(3↑1871963) deutlich. Und das ist wesentlich größer als Grahams Zahl g(64). Gleichzeitig kann man beweisen, dass TREE(3) endlich ist: Irgendwann ist beim Zeichnen der Baumdiagramme Schluss – das ist tatsächlich für jede endliche Anzahl n von Farben der Fall; TREE(n) ist immer endlich.

Über die Grenzen des Berechenbaren hinaus

Nun haben wir schon Schwindel erregend große Zahlen kennen gelernt. Und doch haben Mathematikerinnen und Mathematiker noch größere Werte konstruiert. Doch dafür muss man tief in die Trickkiste greifen und sich in die Tiefen der mathematischen Logik begeben – und zwar in das Reich der nicht berechenbaren Zahlen.

Dabei handelt es sich um Zahlen, die zwar eine eindeutige Definition haben, aber für die man keine Rechenvorschrift angeben kann, um ihre Werte möglichst exakt zu bestimmen. Die großen Zahlen, die ich bislang vorgestellt habe, besaßen alle eine eindeutige Berechnungsvorschrift. Das heißt, man könnte sie zumindest theoretisch exakt niederschreiben (auch wenn es Aber- und Abermilliarden Jahre dauern würde). Das ist bei nicht berechenbaren Zahlen nicht der Fall. Das hat der ungarische Mathematiker Tibor Radó 1962 ausgenutzt, um die so genannte Fleißiger-Biber-Folge zu definieren, die schneller anwächst als jede Folge berechenbarer Zahlen. Auch wenn man die Zahlen BB(n) niemals alle exakt bestimmen kann, lässt sich beweisen, dass sie auf Dauer die Werte jeder anderen berechenbaren Zahlenfolge übersteigen – und dabei stets endlich bleiben.

Die Fleißige-Biber-Funktion hängt mit der Frage zusammen, ob ein Computerprogramm irgendwann anhält und ein Ergebnis liefert oder ob es endlos weiterläuft. In der theoretischen Informatik ist das als Halteproblem bekannt – und besitzt keine Lösung. Wie sich beweisen lässt, ist es unmöglich, einen Algorithmus zu entwerfen, der für alle Computerprogramme prüft, ob sie irgendwann anhalten oder nicht. Radó nutzte diese Tatsache, um die Fleißige-Biber-Funktion BB(n) zu definieren. Sie sucht nach dem »fleißigsten Biber«, dem Algorithmus der Länge n, der die meisten Rechenschritte BB(n) ausführt, bevor er anhält.

Wer ist der fleißigste Biber?

Damit ist die Fleißige-Biber-Funktion nicht berechenbar. Denn würde man zu jeder Programmlänge n den Wert BB(n) kennen, hätte man das Halteproblem gelöst. Um zu erfahren, ob ein Algorithmus der Länge n irgendwann hält, muss man ihn nur ausführen: Falls er nach BB(n) Schritten weiter rechnet, dann weiß man, dass er niemals halten wird, da der fleißigste Biber nach BB(n) Schritten aufhört.

Auch wenn die allgemeine Funktion BB(n) nicht berechenbar ist, kann man trotzdem einzelne Werte bestimmen. So sind die ersten vier Folgenglieder von BB(n) bekannt: BB(1) = 1, BB(2) = 4, BB(3) = 6, BB(4) = 13. Fachleute konnten zudem zeigen, dass BB(5) mindestens 47 176 870 beträgt und BB(6) mindestens 10↑↑↑15. Auf den ersten Blick scheint die Zahlenfolge nicht besonders beeindruckend – vor allem wenn man sie mit g(n) oder TREE(n) vergleicht.

Dennoch kann man beweisen, dass BB(n) schneller wächst als jede berechenbare Zahlenfolge. Das lässt sich erklären, indem man annimmt, es gäbe eine schneller anwachsende Folge und dann einen Widerspruch erzeugt. Daraus folgt dann, dass die Annahme falsch sein muss. Ein solches Verfahren heißt Widerspruchsbeweis und wird in der Mathematik häufig eingesetzt. Wir nehmen also an, es gäbe eine Folge, deren Glieder Dn stets größer sind als BB(n). Wenn Dn berechenbar ist (es also einen Algorithmus gibt, um Dn zu bestimmen), dann hat man das Halteproblem gelöst. Das Argument dafür ist ähnlich wie davor: Man kann jedes Computerprogramm der Länge n ausführen. Wenn es nach Dn Schritten noch rechnet, weiß man mit Sicherheit, dass es niemals hält, da Dn größer ist als BB(n). Das ist der Widerspruch, den man erzeugen wollte, denn das Halteproblem ist nachweislich unlösbar. Damit ist unsere Grundannahme falsch und Dn kann entweder nicht berechenbar sein oder muss langsamer als BB(n) wachsen.

Auch wenn TREE(n) und viele andere Zahlenfolgen anfangs größere Werte liefern als die Fleißige-Biber-Funktion, wird BB(n) auf Dauer jeden berechenbaren Wert übersteigen. Um Hamkins Wettbewerb der großen Zahlen zu gewinnen, ist die Fleißige-Biber-Funktion also ein viel versprechender Kandidat. Sie ist eindeutig definiert und übertrifft alles Vorstellbare. Aber irgendwie finde ich die Lösung nicht zufrieden stellend, weil sich die Zahlen nicht einmal theoretisch berechnen lassen. Daher würde ich bei einem solchen Wettbewerb fordern, dass die vorgebrachte Zahl berechenbar sein sollte – denn auch diese können unsere Vorstellungskraft schnell übersteigen.

​​Was ist euer Lieblingsmathetheorem? Schreibt es gerne in die Kommentare – und vielleicht ist es schon bald das Thema dieser Kolumne!

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