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Lexikon der Astronomie: Tachyon

Tachyonen (grch. tachys: 'schnell') sind hypothetische Teilchen (engl. auch FTL particle genannt für Faster-Than-Light particle), die sich schneller bewegen können als mit Lichtgeschwindigkeit! Dies ist nach der Speziellen Relativitätstheorie nicht explizit verboten, nur das Überschreiten der Vakuumlichtgeschwindigkeit c (knapp 300 000 km/s) ist nicht möglich. Tachyonen hingegen sollen von Anfang an eine Geschwindigkeit größer als c besitzen.

Tachyonen – gefangen in einer anderen Welt?

Dies ist theoretisch dann möglich, wenn Tachyonen eine imaginäre Masse besitzen, m2 < 0. Sinkt ihre Geschwindigkeit jedoch ab und wird vergleichbar mit der Lichtgeschwindigkeit, so wächst ihre Energie gegen unendlich, so dass sie die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum nie unterschreiten können. Somit dringen Tachyonen – sollten sie existieren – nie in den Bereich der Unterlichtgeschwindigkeit ein. Betrachtet man den Lichtkegel, ein übliches Raum-Zeit-Diagramm der Relativitätstheorie, so bewegen sich die Tachyonen auf raumartigen Geodäten, während sich Photonen auf lichtartigen (Nullgeodäten) und Materie auf zeitartigen Geodäten bewegen.

Tachyonen vertauschen Ursache und Wirkung

Tachyonen widersprechen dem Kausalitätsprinzip! Zwischen Ereignissen mit raumartigen Abstand kann es gemäß Einstein keinen Signalaustausch geben. Würden Tachyonen tatsächlich existieren, so wäre es möglich, dass die Wirkung zeitlich vor der Ursache käme. Das würde die Physik, im Speziellen die Thermodynamik (Stichwort: thermodynamischer Zeitpfeil auf der Grundlage des 2. Hauptsatzes), in ernst zu nehmende Schwierigkeiten bringen. Außerdem wäre eine Reihe unlösbarer Paradoxa möglich. Aus diesen Gründen wird die Existenz solcher Teilchen und die Wahrhaftigkeit von Theorien, die sie postulieren oder ableiten, von den meisten Physikern negiert.

Tachyonen in nicht-supersymmetrischen Stringtheorien

In den Stringtheorien treten Tachyonen auf, wenn man auf die Supersymmetrie zwischen Bosonen und Fermionen verzichtet. Erst die Superstringtheorie garantiert, dass keine Tachyonen involviert sind und gewährleistet die Erhaltung des wertvollen und bisher immer verifizierten Kausalitätsprinzips ('Ursache kommt vor der Wirkung'). Andererseits bieten nicht-supersymmetrische Stringtheorien interessante Phänomene, wie die Tachyonen-Kondensation. In bosonischen Stringtheorien kann ein skalares Teilchen bzw. Feld auf diese Weise einen tachyonischen Zustand annehmen.

Tachyonen verboten?

Die experimentelle Suche nach Tachyonen, nach Cerenkov-Strahlung, die bei Tachyonenabbremsung bei der Propagation durch dichte Medien erwartet wird oder das negative (!) Massenquadrat in Energiebilanzen verschiedener Reaktionen waren bisher erfolglos. Allerdings ist die Existenz von Tachyonen auch nicht vollständig widerlegt worden. Trotzdem gibt es gute Gründe (wie hier dargestellt), weshalb sie nicht existieren dürfen, ohne die Physik in eine Krise zu stürzen.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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