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Wahrnehmung: Geisterhafte Gesichter

Der Gyrus fusiformis im Gehirn, auch Spindelwindung genannt, ist für uns von besonderer Bedeutung: In ihm befindet sich das fusiforme Gesichtsareal, das eine große Rolle bei der Wahrnehmung von Gesichtern spielt. Wegen seiner Lage lässt sich das Areal allerdings nur schwer studieren. Deshalb waren Gerwin Schalk vom National Center for Adaptive Neurotechnologies in New York und seine Kollegen an den Erfahrungen eines Patienten interessiert, dem man auf Grund seiner Epilepsie 188 kleine Elektroden ins Gehirn gesetzt hatte. Wie die Mediziner berichten, sorgte das nicht nur für die gewünschte Stimulation, um die epileptischen Anfälle zu verhindern oder abzumildern. Immer wenn jene Sonden aktiviert wurden, die sich im fusiformen Gesichtsareal befanden, erblickte der Patient comicartige Gesichter – ganz gleich, ob er gerade in das Antlitz der Mediziner oder auf beliebige Objekte sah.

Laut den Aussagen des 26-jährigen Mannes verzogen sich die Gesichter der Forscher völlig: Sie sahen dann aus wie Comiczeichnungen und erin­nerten den Probanden an japanische Animefiguren, die sich unter anderem durch große Kulleraugen und kleine Stupsnasen auszeichnen. Schalk und Co bezeichnen dieses Phänomen, das zuvor noch nie beobachtet worden sei, als "Facephenes", geisterhafte Gesichter.

Das Experiment zeigt eindrücklich, dass der Gyrus fusiformis nicht nur für die Wahrnehmung von Gesichtern von Bedeutung ist – er scheint sie sogar selbst erzeugen zu können.

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  • Quelle
PNAS 114, S. 12285-12290, 2017
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