Direkt zum Inhalt

Religionsphilosophie: Vernunft und Glaube

Die Theologie reklamiert für sich rationales Denken und Wissenschaftlichkeit – trotz ihrer Bindung an die Religion. Dabei geht es ihr vor allem darum, innere Widersprüche zu beseitigen, aber auch um die Auseinandersetzung und Abstimmung mit anderen Disziplinen. Doch ist hier ein Konsens überhaupt möglich?
Vernunft und Glaube

Die Vernunft "ist die höchste Hur, die der Teufel hat". "Wer ... ein Christ sein will, der ... steche seiner Vernunft die Augen aus." Keine Frage: Solche Äußerungen muss man vor ihrem historischen Hintergrund lesen, in diesem Fall der Reformationszeit. Und man sollte Martin Luthers Position nicht mit solchen polemischen Spitzen verwechseln. Aber sind solche Sprüche nicht typisch für eine verbreitete Einstellung im Verhältnis von Vernunft und Glaube? Häufig treffe ich auf diese Gegensätze: Entweder jemand ist rational, denkt nach und zweifelt, oder er glaubt eben einfach. Entweder einer ist modern und weltoffen, oder er verschanzt sich hinter traditionellen Riten und Ansichten. Entweder man kann als Philosoph radikal Fragen stellen, oder man ist "verkommen in der Verbrämung mythischer und theosophischer Metaphysik und Mystik" (Heidegger). Wie steht es wirklich um das Verhältnis von Glaube und Vernunft, von Religion und Wissenschaft?

Das Christentum hat in seiner Geschichte immer beide Tendenzen gekannt, hat sich mal der Vernunft geöffnet und sich dann wieder ängstlich vor ihr verschlossen. Schon Paulus schrieb der Gemeinde von Kolossai folgende Warnung ins Stammbuch: "Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen" (Kolosser 2,8). Auf der anderen Seite hat kaum ein anderer biblischer Autor so sehr vernünftig für den Glauben argumentiert wie Paulus.

Die grundsätzlich positive Haltung zur Vernunft hat besonders in der katholischen Tradition stets dominiert. Doch gab es immer auch einen gewissen Argwohn gegenüber allzu kritischem Denken. Und das nicht ohne Grund: Denn dem Selbstverständnis der Christen zufolge ist der Glaube nichts, was man sich selbst gemacht hat, sondern ein Geschenk, das man durch eine lange Traditionskette hindurch aus Gnade erhalten hat.

Was aber heißt hier "der" Glaube? Schließlich ist es keineswegs deckungsgleich, was in kirchlichen Lehrtexten steht, in Predigten verkündet, im Religionsunterricht gelehrt oder von Christen tatsächlich geglaubt wird...

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – KI und ihr biologisches Vorbild

Künstliche Intelligenz erlebt zurzeit einen rasanten Aufschwung. Mittels ausgeklügelter neuronaler Netze lernen Computer selbstständig; umgekehrt analysieren Soft- und Hardware neuronale Prozesse im Gehirn. Doch wie funktioniert das biologische Vorbild der KI unser Gehirn? Was ist Bewusstsein und lässt sich dieses Rätsel lösen? Auf welche Weise kreiert unser Denkorgan Gefühle wie Liebe? Können Maschinen Gefühle verstehen? Erfahren Sie mehr aus dem Spannungsfeld zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz!

Spektrum - Die Woche – Ist alles im Universum vorbestimmt?

Spektrum - Die Woche – Übersehene Mädchen

Die Diagnose ADHS wird deutlich öfter bei Jungen als bei Mädchen gestellt, doch spiegelt das tatsächlich die Realität wider? Was steckt hinter dem Geschlechterbias? Außerdem in der aktuellen »Woche«: ein Experteninterview zum Cyberkrieg, der hinter den blutigen Kulissen in Nahost stattfindet.

Schreiben Sie uns!

87 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.