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News: Gentherapie für Malariamücken?

Die zahlreichen Mückenstiche in den Tropen sind zwar reichlich unangenehm, doch ließen sie sich bestimmt leichter ertragen, wenn die Angst vor einer Malaria-Infektion unbegründet wäre. Vielleicht ist dies in einigen Jahren der Fall - wenn sich die Methode bewährt, die Erreger per Gentherapie direkt in ihren tierischen Überträgern aufzuhalten.
Bis zu 500 Millionen Neuinfizierte und drei Millionen Tote jährlich – trotz weltweiter Anstrengungen, die Krankheit einzudämmen, sorgt Malaria noch immer für Schreckensbilanzen. Gegen viele Medikamente sind die Erreger, Sporozoen der Gattung Plasmodium, längst resistent, und ein Impfstoff ist noch nicht in Sicht. Auch der Ansatz, die Überträger – Stechmücken der Gattung Anopheles – mit Insektiziden zu bekämpfen, ist nur bedingt erfolgreich.

Marcelo Jacobs-Lorena von der Case Western Reserve University und seine Kollegen versuchen daher, die Parasiten an einer anderen Achillesferse zu packen. Im Laufe des Lebenszyklusses müssen die Erreger die Darmwand ihres tierischen Zwischenwirtes durchqueren, um sich dann auf dessen Außenseite weiterzuentwickeln und letztendlich in die Speicheldrüsen der Stechmücken einzuwandern. Die Forscher spürten eine Verbindung namens SM1 auf, die diese Passage verhindert – sie verstopft den Parasiten den Weg, indem sie selbst an die Rezeptoren bindet, welche für den Durchlass nötig sind.

Im September 2001 berichteten die Wissenschaftler von dem erfolgreichen Versuch, Anopheles-stephensi-Mücken mit diesem molekularen Türsteher auszustatten, indem sie das dafür codierende Gen in das Erbgut der Tiere einschleusten. Nun sind sie noch einen Schritt weiter: Sie statteten Keimzellen der Stechmücken mit der Erbanlage für SM1 aus.

Als die herangewachsenen Nachkommen nun wie die Kontrolltiere an denselben Malaria-infizierten Mäusen ihre Blutmahlzeit nahmen, blieb den Parasiten in den genetisch veränderten Mücken tatsächlich der Weg durch die Darmwand versperrt: Die Zahl der Oocysten, die sich auf dessen Außenseite bilden, ging um durchschnittlich 80 Prozent zurück. Gleichzeitig verringerte sich in den Speicheldrüsen der Stechmücken deutlich die Menge der Sporozoiten, die beim nächsten Stich auf den Mäusewirt übertragen werden. Doch sie wurden nicht nur weniger, sie erreichten auch seltener ihr Ziel, den Endwirt Maus: In zwei von drei Experimenten gaben die Mücken überhaupt keine Sporozoiten mehr weiter.

Was so vielversprechend klingt, hat aber noch einen weiten Weg vor sich, bevor es vielleicht praktisch anzuwenden ist. Zunächst darf man nicht vergessen, dass Jacobs-Lorena und seine Kollegen die Wirkung von SM1 an einem Plasmodium-Stamm getestet haben, der bei Mäusen Malaria hervorruft – ob und wenn ja, wie das Peptid bei den für den Menschen gefährlichen Stämmen wirkt, muss erst noch überprüft werden.

Weiterhin scheinen die transgenen Tiere ihren normalen Artgenossen an Fitness zwar in nichts nachzustehen, doch müssen sorgfältig kontrollierte Labor- und Freilandversuche zeigen, ob man die manipulierten Mücken bedenkenlos in die Natur entlassen darf. Darüber hinaus besteht auch hier die Gefahr, dass sich resistente Plasmodium-Stämme entwickeln. Dem könnte man nach Ansicht der Wissenschaftler nur begegnen, indem man Mücken erzeugt, bei denen mehrere Gene verändert sind, welche die Entwicklung der Parasiten beeinträchtigen.

Jacobs-Lorena erhofft sich Erfolg vor allem durch die Kombination bereits bestehender Methoden mit dem neuen Hilfsmittel. So könnte man in einer Region durch Insektizide die Zahl der Malariamücken drosseln und dann genetisch veränderte Anopheles einbringen. Die Lebensgemeinschaft könnte dann wieder ihre natürliche Größe erreichen, während das Risiko für Malaria jedoch deutlich sinken würde. "Kein Ansatz ist für immer hundertprozentig effektiv. Je mehr verschiedene Methoden wir anwenden können, desto besser", erklärt er.

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