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Naturkatastrophen: Rekordverdächtige Magmaflut auf Island

Die Erde um das isländische Grindavík findet keine Ruhe. Neben Katastrophenschützern beschäftigt der Ausbruch auch die Wissenschaft: Sie notierte rekordverdächtige Magmaströme.
Ausbruch auf der Reykjanes-Halbinsel auf Island am 8. Februar 2024: Glühende Lava strömt in der Nacht aus einem Riss in der Erde.
Am 8. Februar 2024 war der Sundhnukar-Ausbruch weiter aktiv. Große Mengen Lava strömten aus der Vulkanspalte.

Am 10. November 2023 riss auf der Reykjanes-Halbinsel Islands ein 15 Kilometer langer und mehrere Kilometer tiefer Spalt in der Erdkruste, aus dem ab dem 18. Dezember große Mengen an Lava geflossen sind. Ein Team um Freysteinn Sigmundsson von der University of Iceland in Reykjavik hat anschließend vermessen, welche Mengen an Magma und in welcher Geschwindigkeit diese in den magmatischen Gang (auch Dyke genannt) geströmt sind. Ihre Ergebnisse beschreibt die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Science«.

Bevor die Gesteinsschmelze an die Oberfläche trat, strömten bis zu 7400 Kubikmeter Magma pro Sekunde in den Gang, so die Berechnungen von Sigmundsson und Co. Das ist die höchste Rate, die bislang bei vergleichbaren Ereignissen weltweit je gemessen wurden. Nur bei sehr großen Eruptionen komme man auf noch höhere Werte, nicht jedoch bei Lavaaustritten an Spalten in der Erdoberfläche, schreiben die Wissenschaftler. Ihre Modelle beruhen dabei auf Daten von Satelliten und Sensoren in der Region, welche die vulkanische Aktivität auf der Reykjanes-Halbinsel verstärkt aufzeichnen sollen.

Die ermittelten Werte liegen 100-mal höher als bei Ausbrüchen 2021, 2022 und 2023 in der nahe gelegenen Region Fagradalsfjall auf der Halbinsel. Die Eruptionen könnten der Beginn eines neuen vulkanischen Zyklus in der Region sein: Nach rund 800 Jahren Ruhe käme dann eine etwa 300 Jahre währende Phase mit erhöhter vulkanischer Aktivität. Damit folgte der Vulkanismus auf der Reykjanes-Halbinsel einem anderen Rhythmus als die meisten anderen isländischen Vulkane, was mit der besonderen geotektonischen Situation der Halbinsel zusammenhängt.

In der Region trifft ein Teil des mittelozeanischen Rückens des Atlantiks auf Island, also eine Plattengrenze, an der Eurasien und Nordamerika auseinanderdriften. An dieser Nahtstelle wird die einfache Plattengrenze kompliziert, wie »Spektrum.de« bereits berichtete: Die Halbinsel setzt sich aus sechs lang gezogenen vulkanischen Zonen zusammen, die sich parallel zueinander von Südwesten nach Nordosten über die Halbinsel ziehen und die während der letzten Jahrtausende fast immer gemeinsam aktiv waren.

Seit Mitte Dezember ist inzwischen dreimal Lava aus der langen Spalte ausgetreten, wobei sie zeitweise den Ort Grindavík bedroht hat. Die jüngste Eruption liegt nach Angaben der isländischen Wetterbehörde nördlich eines Punktes, der den Lavafluss wesentlich bestimmt. Das bedeute, dass die Lava nach Osten, Westen und Norden strömen werde, während Grindavik wahrscheinlich nicht erreicht werde. Auch das berühmte Geothermalbad, die Blaue Lagune, sei nicht bedroht. Zudem planen die Behörden, die Lavaströme mit Hilfe von Mauern aufzuhalten oder umzulenken.

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