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Ökologie: Wie Tiefseebergbau die Tierwelt belastet

Noch hat der Rohstoffabbau im Ozean nicht in großem Maßstab begonnen. Doch erste Versuche zeigen, wie stark die Lebewesen beeinträchtigt werden könnten.
Manganknolle im Greifer, darauf wächst ein kleines, sesshaftes Lebewesen.
Ein erster Test sollte Mangan aus der Tiefsee fördern. Doch wie an Land hinterlässt der Abbau auch im Meer Spuren.

Die Menschheit ist hungrig nach Rohstoffen, und deshalb rücken neue Abbaugebiete wie in der Tiefsee in den Fokus. Bereits 2020 hat Japan einen Versuch unternommen, Kobaltkrusten von Tiefseeberggipfeln zu fördern. Aus technischer Sicht gelang der Test, für die Lebewesen der Region hatte er allerdings massive Folgen, wie Travis Washburn und sein Team in Zusammenarbeit mit dem Geological Survey of Japan in »Current Biology« berichten.

Die Arbeitsgruppe analysierte Daten von drei Beprobungen durch japanische Forschungsfahrten auf dem Takuyo-Daigo-Seamount: einen Monat vor dem Bergbautest sowie einen Monat und noch einmal ein Jahr später. Washburn und Co steuerten dazu einen Tauchroboter auf den Meeresboden und sammelten Videoaufnahmen von den entsprechenden Gebieten. Sogar noch ein Jahr nach dem Versuch beobachteten sie einen Rückgang der Fisch- und Krustentierdichte um 43 Prozent in den unmittelbar von der Sedimentfahne betroffenen Gebieten.

Doch das war nicht das alleinig betroffene Gebiet: Auch im weiteren Umfeld, von dem die Forscher angenommen hatten, dass die Sedimentwolke hier geringere Folgen haben sollte, gingen die Populationen um 56 Prozent zurück. Für diese Abnahme der Fischpopulationen gibt es mehrere mögliche Erklärungen; das Team vermutet aber, dass sie auf verunreinigte Nahrungsquellen durch den Abbauversuch zurückzuführen ist – obwohl er verglichen mit kommerziellen Vorhaben klein ausfiel.

Bei weniger mobilen Meerestieren wie Korallen und Schwämmen wurden dagegen erstaunlicherweise keine größeren Veränderungen festgestellt. Das Forschungsteam weist jedoch darauf hin, dass es sich nur um einen zweistündigen Test handelte. Unklar sei daher, ob Korallen und Schwämme bei größeren Vorhaben ebenfalls unbeschadet blieben. »Ich hatte angenommen, dass wir keine Veränderungen sehen würden, weil der Test so klein war. Die Maschine wurde zwei Stunden lang betrieben, und die Sedimentfahne bewegte sich bloß ein paar hundert Meter weit«, sagt Washburn. »Aber es reichte aus, um die Verhältnisse zu verschieben.«

Die Arbeitsgruppe betont, dass sie diese Studie mehrmals wiederholen müsse, um ein genaueres Bild davon zu bekommen, wie sich der Tiefseebergbau auf den Meeresboden auswirkt – am besten über mehrere Jahre hinweg. Erst dann bekäme man einen genaueren Blick dafür, welche ökologischen Folgen die Extraktion hat.

Eines der ersten Gebiete, in dem gefördert werden könnte, ist die Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) im Pazifik zwischen Mexiko und Hawaii. Wissenschaftler warnen jedoch, dass dadurch tausende Arten gefährdet werden, die nur dort vorkommen und noch nicht wissenschaftlich beschrieben wurden. Ihre Analyse von 100 000 Belegen ergab Nachweise für 5578 verschiedene Arten in der CCZ, von denen 92 Prozent völlig neu waren und die noch keinen wissenschaftlichen, sondern nur einen Arbeitsnamen haben. Diese Verhältnisse könnten auf viele Meeresgebiete übertragbar sein, in denen Rohstoffe vorkommen.

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