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Ozeane : Riesiger Algenteppich treibt auf Karibik zu

Millionen Tonnen Braunalgen nähern sich den Küsten rund um die Karibik und den Golf von Mexiko. Das Problem scheint von Jahr zu Jahr größer zu werden.
Eine dicke Schicht Sargassum-Braunalgen bedeckt Strand und Wasser auf einer Karibikinsel.
Seit etwa fünf Jahren werden Braunalgen zunehmend zum ökologischen und wirtschaftlichen Problem in der Karibik. 2023 könnte einen neuen Höhepunkt bringen.

Die Satellitenbilder verheißen nichts Gutes: Rund 20 Millionen Tonnen Braunalgen treiben im März 2023 auf die Küsten der Karibik, Floridas und Mexikos zu. Der Algengürtel erstreckt sich bereits über 8000 Kilometer weit durch den Atlantik. Erste Teppiche von Sargassum-Braunalgen wurden schon an Land gespült – ungewöhnlich früh im Jahr. Auch 2023 dürfte wieder zu einem Jahr mit starken Braunalgenblüten werden, schreiben Wissenschaftler um Chuanmin Hu von der University of South Florida im »Sargassum Outlook Bulletin«.

Schwimmende Sargassum-Teppiche sind natürliche Bestandteile des Atlantischen Ozeans und bieten auf hoher See vielen Tieren Nahrung und Zuflucht. Seit 2011 breiten sich diese Teppiche jedoch enorm aus und erstrecken sich regelmäßig über tausende Kilometer von der westafrikanischen Küste bis nach Brasilien, Venezuela und weiter in den Karibik und den Golf von Mexiko. 2023 könnte dabei einen neuen Rekord setzen: Von November bis Januar hat sich die Fläche der Blüte monatlich verdoppelt. Und trotz kleinerer Rückgänge bis Februar entspricht diese Ausdehnung immer noch der Strecke von der Ost- bis zur Westküste der USA.

Auf hoher See sorgen eingeschlossene Luftblasen dafür, dass der Tang schwimmt. An Land verrottet er dann jedoch schnell, wobei er Schwefelwasserstoff in großen Mengen freisetzt: ein nach faulen Eiern stinkendes, giftiges Gas. Ausbreitung und Ausdehnung der Braunalgen sind jahreszeitlichen Rhythmen unterworfen, wobei inzwischen während des eigentlichen Tiefpunkts des Zyklus mehr Braunalgen im Wasser unterwegs sind als vor 2011 beim Höhepunkt der Verbreitung. Bislang markierten die Jahre 2018 und 2022 neue Rekordwerte.

Über die Ursachen der explosionsartigen Zunahme an Braunalgenblüten rätseln die Wissenschaftler noch. Eine Studie aus dem Jahr 2019 legt einen Zusammenhang mit der ausufernden Abholzung am Amazonas und der zunehmenden Landwirtschaft dort nahe. Große Mengen des Düngers, die auf den entwaldeten Flächen für die neu angelegten Sojafelder ausgebracht werden, gelangen über den Amazonas ins Meer. Dort treiben die Nährstoffe das Wachstum der Algen an und führen regelmäßig zu neuen Blüten.

Womöglich hat der Atlantik 2011 einen Kipppunkt dafür erreicht: Faktoren, die Braunalgen zuvor aus dem tropischen Bereich des Ozeans fernhielten, spielen nur noch eine Rolle, um die Größe des Teppichs zu beeinflussen, etwa wenn die Meeresoberfläche zu warm für die Alge wird oder aufsteigendes Tiefenwasser vor Afrika und die Sedimente des Amazonas wenig Nährstoffe bringen. Im heutigen Zustand, befürchten Forscher, bildet die Sargassum-Blüte einen festen Bestandteil des Ozeans.

Für Staaten in der Karibik, die zu einem großen Teil vom Tourismus abhängen, bedeutet dies schlechte Nachrichten: Sie müssen viel Geld aufwenden, um die angeschwemmten, stinkenden Algenberge zu entsorgen, und verlieren gleichzeitig Touristinnen und Touristen, die davon abgeschreckt werden.

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