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Nanoplastik: Parkinson durch Plastikmüll?

Umweltfaktoren stehen schon länger im Verdacht, Parkinson zu begünstigen. Einer neuen Studie zufolge könnten mikroskopisch kleine Plastikteilchen eine Gefahr darstellen.
Mikroplastik wird in einer Petrischale untersucht
Der Kunststoff Polystyrol ist weit verbreitet und zum Beispiel in Einwegbesteck oder Kaffeebechern enthalten. Gelangen diese Produkte in die Umwelt, entstehen über Jahre mikroskopisch kleine Partikel. (Symbolbild)

Mikroplastik ist überall: im Wasser, im Boden und in der Luft. Die kleinsten dieser Partikel können theoretisch die Blut-Hirn-Schranke überwinden, in Zellen eindringen und sich im Gehirn ansammeln. Forschende der Duke University in Durham (North Carolina) konnten nun zeigen, dass dieses so genannte Nanoplastik dort zur Entstehung von Parkinson beitragen könnte. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin »Science Advances«.

Das Team um Andrew West untersuchte, wie winzige Teilchen des Plastiks Polystyrol mit Alpha-Synuclein wechselwirken. Dieses Protein ist ein normaler Bestandteil der Nervenzellen des Gehirns, kann sich darin jedoch krankhaft ablagern, was typisch ist für Parkinson und ähnliche neurodegenerative Erkrankungen wie die Lewy-Körperchen-Demenz.

In Laborexperimenten – unter anderem mit kultivierten Neuronen und Mäusen – stellte das Team fest: Die weniger als einen Mikrometer kleinen Partikel verbinden sich fest mit den krank machenden Proteinen und beschleunigen deren Verklumpung. Sie dringen in Nervenzellen ein und beeinträchtigen dort die Funktion von Lysosomen. Das sind Zellorganellen, die Verdauungsenzyme enthalten und Biomoleküle normalerweise abbauen und recyceln. Funktioniert diese »Müllabfuhr« nicht richtig, trägt das zu schwer wiegenden Erkrankungen wie Parkinson bei.

Nanoplastik in Neuronen | Unter dem Mikroskop sind Proteineaggregate (rot) zu erkennen, die sich in den Lysosomen von Nervenzellen (blau) mit Nanoplastik (grün) vermischt haben.

Die Studie deute darauf hin, dass Mikro- und Nanoplastik eine »neue toxikologische Herausforderung« im Hinblick auf das Risiko und den Verlauf von Parkinson darstellen, so West. Dem Pharmakologen zufolge ist das Besorgnis erregend, da die Konzentration dieser Schadstoffe im Wasser und in Lebensmitteln ansteige.

Das in dem Experiment untersuchte Polystyrol ist ein weit verbreiteter Kunststoff, der zum Beispiel in Einwegbesteck oder To-go-Kaffeebechern enthalten ist, und als Verpackungsmaterial unter dem Markennamen »Styropor« Verwendung findet. Vor allem wenn Plastik achtlos weggeworfen wird, entstehen über Jahre durch Wind und Witterung mikroskopisch kleine Partikel, die Ökosysteme belasten und sogar die Wolkenbildung beeinflussen.

Ob die Plastikpartikel im menschlichen Körper einen vergleichbaren Schaden anrichten, beweisen die Experimente nicht. Das liegt daran, dass das sehr aufwändig nachzuweisen ist: »Die zur Überwachung von Nanoplastik erforderliche Technologie befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium«, erklärt West. Studien zeigen jedoch, dass die Teilchen in unseren Atemwegen zirkulieren und ins Blut gelangen.

Parkinson ist bereits heute eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen. Prognosen zufolge wird sich die Zahl der Erkrankten bis 2030 verdoppeln. »Zahlreiche Daten deuten darauf hin, dass Umweltfaktoren eine wichtige Rolle bei der Parkinson-Krankheit spielen könnten«, sagt West. Mikro- und Nanoplastik stehen schon länger im Verdacht, Krebs und Autoimmunerkrankungen zu begünstigen. Konkrete Hinweise darauf, dass die Kunststoffe auch bei Parkinson eine Rolle spielen könnten, gab es bislang nicht.

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