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Lexikon der Ernährung: Galactosämie

Galactosämie, Galactose-1-phosphat-Uridyltransferasemangel, unpräzise auch Galactose-Intoleranz, E galactosaemia, deficiency of UDP-galactose uridyltransferase, autosomal rezessiv erbliche Stoffwechselerkrankung des Galactose-Stoffwechsels. Ein Defekt der Galactose-1-phosphat-Uridyltransferase führt zur Anhäufung von Galactose-1-phosphat in den Erythrocyten; durch Galactose-Rückstau bildet sich über einen Stoffwechselnebenweg in der Augenlinse Galactit. Man unterscheidet zwischen nahezu vollständigem (klassische G.) und partiellem Enzymausfall. Die endogene Galactose-Synthese ist nicht beeinträchtigt; galactosefreie Ernährung kann deshalb Schäden nicht vollständig verhindern. Die Autointoxikation durch endogene Galactose wird diskutiert.
Patienten werden phänotypisch gesund geboren; mit der ersten Milchnahrung entwickeln sich bei klassischer G. lebensbedrohende Schäden an Leber, Nieren und Gehirn sowie beidseitiger Katarakt. Auffallende klinische Symptome sind Trinkschwäche, Erbrechen, Lethargie, Krampfanfälle, Ikterus und Hepatomegalie. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Prüfung auf G. Teil des Neugeborenen-Screenings (Guthrie-Test); sofortiges Absetzen der Milchfütterung und ggf. Blutaustausch können bei Verdacht auf G. lebensrettend sein; Katarakte sind bei frühzeitig einsetzender Therapie reversibel.
In Mitteleuropa wird die G.-Inzidenz mit 1 : 40.000–50.000 Neugeborenen angegeben. Pränataldiagnose ist möglich. Die Langzeitprognose ist auch bei frühem Behandlungsbeginn unsicher. Ein Teil der Kinder entwickelt bleibende Störungen der Sprachentwicklung, Rechenschwäche, eingeschränkte feinmotorische Fähigkeiten und bei Mädchen eine fibrotische Umwandlung der Ovarien.
Ernährungstherapie: Die Aufnahme von resorbierbarer Galactose mit der Nahrung, über Medikamente, Zahnpasta etc. muss so niedrig wie möglich sein, im Idealfall Null; es gibt keinen als unbedenklich geltenden Schwellenwert. Für die Ernährungspraxis bedeutet dies: Ausschluss von Lactose (Milch und Milchprodukte, vorgefertigte Lebensmittel mit Lactose als Trägerstoff; Ausnahme: lactosefreie Hartkäsesorten, z. B. Emmentaler, Gruyére [vgl. Casein]); Hersteller und Selbsthilfegruppen geben im Zweifelsfall Auskunft. Sojanahrung ist ein geeigneter Milchersatz auch über das Säuglingsalter hinaus. Weitergehende Einschränkungen sind nach neuerer Auffassung nicht erforderlich. α-galactosidisch gebundene Galactose-Saccharide (Oligosaccharide und Heteroglycane aus Hülsenfrüchten; Dickungsmitteln und Stabilisatoren) gelten als unbedenklich; die minimalen Gehalte an verwertbarer Galactose in Obst und Gemüse können unberücksichtigt bleiben; die Eigensynthese übersteigt diese Mengen um ein Vielfaches. Einige Autoren empfehlen die galactosearme Ernährung für Schwangere, wenn beim Fetus mit G. gerechnet werden muss. Vgl. Galactokinasemangel.

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