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Lexikon der Kartographie und Geomatik: islamische Kartographie

islamische Kartographie, E islamic cartography, die Weiterführung in griechischer Sprache überlieferter spätantiker astronomischer und geographischer Erkenntnisse in allen vom Islam geprägten Regionen im Mittelalter in arabischer Sprache.
Unter Kalif Al Ma'mun erfolgte erstmals eine breite Pflege der Wissenschaften; sie schloss die Übersetzung griechisch überlieferter Werke (z. B. Ptolemäus "Syntaxis tes astronomías" als "Almagest", ebenso die "Geographie") ein wie praktische Anwendungen, bespielsweise Gradmessungen zur Größenbestimmung der Erde, aber auch das Zusammenstellen einer Erdkarte (as-Sura al-ma)muniya=Das ma)-numische Bild) ein. Sie erhielt sich in Kopien bis zum 12. Jh. Eine stärker islamisch geprägte Tradition begründeten al-Huwarizmi und Ibn Sarabiyun (Buch der Wunder der 7 Klimata). Mit der räumlichen Ausweitung der arabischen Kulturen mehrten arabische Gelehrte eigenständig die Länderkenntnis von Nordeuropa bis Mittelafrika und bis Ostasien. Ab dem 10. Jh. entstanden in sich geschlossene Kartenbücher. Bestehend aus jeweils 21 Karten von ausschließlich islamischen Gebieten werden sie als Islam-Atlas bezeichnet mit reichem Inhalt stammen solche von al-Istahri und Ibn Hauqal; mit erweiterten Inhalt al-Muqaddasi 985 (= 375 muslim. Zr.). Etwa auf dieser Stufe verharrt die rein arabische Tradition.
Im 12. Jh. schuf al-Idrisi (Idrīsī), in Palermo am Hof König Roger II. von Sizilien lebend, den "Kitab Rugar" (Roger-Buch, oder Großer Idrisi), bestehend aus einer inhaltsreichen großen runden Erdkarte und 70 Einzelkarten (7 Klimate mit je 10 Längensektionen). Es griff weit über den arabischen Kulturkreis auf die "Alte Welt" aus und verarbeitete west- und nordeuropäische Kenntnisse. Die islamische Kartographie dieser Zeit beeinflusste nun auch die europäische Kartographie (z. B. M. Sanuto "Opus Terrae Sanctae"), aber auch die chinesische Kartographie des 14. Jhs. und blieb in der arabischen Welt im 13. und 14. Jh. bestimmend. Hervorzuheben sind al-Qazwini mit "Aga) ib al-mahluqat" (Die Wunder der Schöpfung), ad-Dimasqi und Ibn al-Wardi.
Allmählich nahm besonders im arabischen Westen der europäische und im 15. Jh. mit der Eroberung arabischer Gebiete durch die Türken, der türkische Einfluss zu. So entstand 1413/14 in Tunis eine Portolankarte italienischer Prägung mit arabischer Beschriftung. Von arabischen Seekarten, die insbesondere den Indischen Ozean zeigten, liegen nur Berichte vor. Im arabischen Osten entstanden bereits im 10. Jh. als Übersetzungen aus dem Arabischen geographische Werke und Karten in persischer Sprache. Aus dem 14. Jh. sind persische Karten mit Gradnetz erhalten, so von al-Qazwini und von Nuzhat al-qulub "Unterhaltung der Herzen" mit Erdkarte und Karte des Iran.
Eine eigenständige türkische Kartographie begann mit einer Karte der Verbreitung der Turkstämme ("Diwanlugat at-turk") 1074 als geostete Erdkarte. Osmanisch-türkische Kartographen schufen im 16. Jh. Seekarten im Portolanstil, z. B. von Pîrî Re)îs († 1554) der Seeatlas "Bahriye" (= Schifffahrt) von 1525/26 mit 233 Karten. Unter Sultan Süleyman (1520-66) entstanden mit Beschreibung der Feldzüge Städtebilder und Karten. Anfang des 17. Jhs. wurde der "Atlas Minor" der Hondius-Edition ins Türkische übersetzt; weiterhin entstanden aber auch original türkische Karten (z. B. Nil-Karte von 1682). Im 19. Jh. überwog dann der westeuropäische Einfluss in der türkischen Kartographie.

WSS

Literatur: [1] MILLER, K. (1926-31): Mappae Arabicae. 6 Bde. Stuttgart. [2] SEZGIN, F. (2000): Geschichte des arabischen Schrifttums, Bd. X-XII: Mathematische Geographie und Kartographie im Islam und ihr Fortleben im Abendland. Frankfurt. [3] EISENSTEIN, A (1986): Islamische Kartographie. In: Lexikon zur Geschichte der Kartographie, Bd. I 331-35, Wien.

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