Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Topologie: Donuts im Gehirn

Um unsere Welt besser zu verstehen, müssen wir die darüber verfügbaren Daten ordnen und darin befindliche Muster erkennen. Mit topologischen Methoden konnten Fachleute nun zuvor verborgene elementare Vorgänge des Gehirns aufdecken.
Perpetuum mobile aus Donuts

Der Datenwissenschaftler Benjamin Adric Dunn zeigt auf ein Bild mit ungleichmäßig verteilten Punkten, die in ihrer Anordnung an die Felsen von Stonehenge erinnern. Die grobe Struktur ist klar erkennbar – zumindest für Menschen. »Die Daten bilden offensichtlich einen Kreis«, sagt Dunn, der an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens in Trondheim forscht. Aber ein Algorithmus würde wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, diese einfache Form auszumachen. »Computern entgeht oft das große Ganze.«

Viele wissenschaftliche Prozesse enthalten Schleifen oder Wiederholungen. Dass Computerprogramme solche Beziehungen häufig nicht erkennen, stellt Fachleute, die an periodischen Mustern in Datenmengen interessiert sind, vor ein Problem. Daten werden oft als Punkte visualisiert, die in einem mathematischen Raum angeordnet sind, wie Sterne am Nachthimmel. Ein Punkt kann dabei tatsächlich eine physische Position darstellen, zum Beispiel wenn die Eingabe dem Längen- und Breitengrad eines Orts entspricht. Datenpunkte können aber auch ganz andere Dinge repräsentieren: etwa Gene, die sich in einem abstrakten Raum mit vielen Dimensionen (manchmal sogar Hunderten) befinden, wobei Gene mit ähnlichen DNA-Sequenzen nahe beieinander liegen. Die Bedeutung eines kreisförmigen Musters in den Daten hängt immer vom Kontext ab. Falls die Punkte der Position eines Schiffs auf hoher See entsprechen, kann das ein Zeichen dafür sein, dass es die Orientierung verloren hat. Ringförmige Strukturen in genetischen Informationen können hingegen eine evolutionäre Beziehung aufzeigen.

Oft sind die verstreuten Datenpunkte zu komplex, um sie mit dem bloßen Auge zu untersuchen. Deshalb lässt man in der Regel Computer die Arbeit erledigen. Möchte man eine kreisförmige Anordnung identifizieren, muss man dem Rechner eine Reihe von präzisen Anweisungen übergeben. Die meisten Standardtechniken zur Analyse von Daten beruhen allerdings auf linearer Algebra, die sich geraden Linien und flachen Ebenen widmet. Um ringförmige Muster in komplizierten Räumen aufzuspüren, wenden sich Forscherinnen und Forscher deshalb der topologischen Datenanalyse (TDA) zu, die eine völlig andere Perspektive bietet …

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wie Psychopharmaka das Gehirn verändern

Wie wirken Antidepressiva, Neuroleptika und Psychostimulanzien auf das Gehirn? Psychopharmaka bringen schnelle Linderung bei psychischen Störungen, doch die langfristigen Folgen auf unser Denkorgan sind noch nicht ausreichend erforscht. Außerdem: Süßwasser unter dem Meer. Ein Weg aus der Wassernot?

Spektrum - Die Woche – Der Umbau der Chemieindustrie

Täglich entstehen in riesigen Fabriken zahllose Stoffe, die wir in unserem Alltag nutzen – allerdings nur dank fossiler Rohstoffe und eines extrem hohen Energieverbrauchs. In dieser »Woche« geht es um den Umbau der Chemieindustrie hin zur Klimaneutralität. Außerdem: Gibt es sie, die »Zuckersucht«?

Spektrum - Die Woche – Wie ich atme, so fühle ich

Ganz unbemerkt atmen wir täglich zirka 20.000-mal ein und wieder aus. Dabei ist das, was währenddessen in unserem Körper passiert, alles andere als banal. Und wird sogar von unserem Gemüt beeinflusst. Lesen Sie in der aktuellen »Woche«, wie die Teamarbeit von Hirn und Lunge gelingt.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

Guanella, A. et al.: A model of grid cells based on a twisted torus topology. International Journal of Neural Systems 17, 2007

Kanari, L.: A Topological Representation of Branching Neuronal Morphologies. Neuroinformatics 16, 2018

Moser, I. E. et al.: Toroidal topology of population activity in grid cells. Nature 602, 2022

Perea, J. A., Polanco, L.: Coordinatizing data with lens spaces and persistent cohomology. Proceedings of the 31st Canadian Conference on Computational Geometry (CCCG), 2019

Wei, G., Xia, K.: A review of geometric, topological and graph theory apparatuses for the modeling and analysis of biomolecular data. ArXiv:1612.01735, 2016

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.