Direkt zum Inhalt

Bronzezeit: Auf der Jagd mit Meteoriteneisen

Manchmal braucht man auf der Jagd überirdisches Glück. Im Fall einer bronzezeitlichen Pfeilspitze kam die Hilfe tatsächlich aus dem All.
Diese inzwischen verrostete Pfeilspitze wurde aus meteoritischem Eisen gefertigt.
Diese Pfeilspitze besteht aus Eisen, das von einem Meteoriten stammte, wie eine Analyse bestätigt hat.

Etwa um 800 v. Chr. begannen Menschen in Europa Eisen aus entsprechenden Erzen herzustellen. Zumindest stammen die ersten Nachweise aus dieser Zeit. Davor galt das Metall als sehr selten und kostbar und wurde eher nicht als Gebrauchsgegenstand eingesetzt. Umso mehr freute es ein Team um den Geologen Beda Hofmann vom Naturhistorischen Museum Bern, dass eine in der Ausgrabungsstätte Mörigen am Bieler See gefundene Pfeilspitze aus dieser Zeit aus meteoritischem Eisen besteht. Das berichtet die Gruppe im »Journal of Archaeological Science«.

Die Pfeilspitze aus dem Besitz des Bernischen Historischen Museums ist 39 Millimeter lang sowie 2,9 Gramm schwer und wurde im 19. Jahrhundert bei Ausgrabungen in der bronzezeitlichen Pfahlbaustation bei Mörigen gefunden. Um das Artefakt nicht zu beschädigen, mussten die Wissenschaftler bei der Analyse auf zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden zurückgreifen. Dazu nutzten sie ein ganzes Arsenal an Methoden, das von der Lichtmikroskopie über Rasterelektronenmikroskopie, Röntgentomografie, Röntgenfluoreszenz, myoneninduzierte Röntgenspektrometrie bis zur Gammaspektrometrie reichte.

Letztere findet auch noch relativ kurzlebige Isotope, von denen manche wie Aluminium-26 nur im Weltraum entstanden sein können. »Damit konnten wir den zweifelsfreien Beweis erbringen, dass es sich bei dem Material um einen Meteoriten handelt, der über lange Zeit im Weltall der kosmischen Strahlung ausgesetzt war«, sagt der an der Studie beteiligte Physiker Marc Schumann von der Universität Freiburg gemäß einer Pressemitteilung.

Bei der Herkunftsanalyse erlebten Hofmann, Schumann und Co dann eine weitere Überraschung. Das Ausgangsmaterial stammte nicht vom nahen Twannberg-Streufeld im Berner Jura, wo viele Meteoritenüberreste gefunden wurden. Mit etwas mehr als acht Prozent Nickel ist der Gehalt dieses Elements in der Pfeilspitze fast doppelt so hoch wie im Twannberg-Meteorit. Größere Mengen an Germanium zeigen außerdem, dass es sich sehr wahrscheinlich um einen kosmischen Brocken aus der Meteoritengruppe des Typs IAB handelt. Und schließlich deutete die eher niedrige Konzentration an Aluminium-26, dass die Probe wahrscheinlich aus dem Innern eines Meteoriten stammt, der ursprünglich eine Masse von mindestens zwei Tonnen aufwies.

Das grenzt insgesamt die Herkunft ein, denn große IAB-Eisenmeteoriten kennt man aus Europa bislang nur wenige. Als wahrscheinlichste Herkunft gilt daher der Kaalijarv-Meteorit, der während der Bronzezeit um etwa 1500 v. Chr. in Estland einschlug und einen mehrere hundert Meter messenden Krater schuf, während er beim Impakt zersplitterte. Weitere Analysen in archäologischen Sammlungen Europas sollen Hinweise geben, ob sich die Spur der Pfeilspitze aus Mörigen nach Estland bestätigen lässt.

Meteoritisches Eisen wurde bislang in 55 Objekten in Europa, Asien und Afrika nachgewiesen, wobei allein 19 davon im Grab von Pharao Tutanchamun entdeckt wurden. Wegen der schwierigen Analyse wurde allerdings nur ein Bruchteil ausführlich chemisch-physikalisch untersucht.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.