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Astrophysik: Eine neue Art kosmischer Explosion?

Eine der hellsten jemals beobachteten Explosionen lässt die Wissenschaft rätseln. Die Explosion leuchtete heller als eine Supernova, fand aber in einer Galaxie statt, in der sie nicht vorkommen sollte.
JWST-Aufnahme der Supernova SN 1987A in der Großen Magellanschen Wolke
Supernovae wie 1987A gehören zu den gewaltigsten Ereignissen im Kosmos. Nun haben Astronomen ein Ereignis beobachtet, das nicht ins normale Bild einer Supernova passt.

AT2022aedm war ein gewaltiges Ereignis: Der Blitz in einer zwei Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie leuchtete hunderte Milliarden Mal heller als unsere Sonne. Was aber die gewaltige kosmische Explosion ausgelöst hat, wissen die beobachtenden Wissenschaftler um Matt Nicholl von der Queen's University in Belfast noch nicht, wie sie in den »Astrophysical Journal Letters« schreiben. Denn die Dauer und der Ort der Explosion passen eigentlich nicht zu einer Supernova, die ein erster Kandidat für derartige Leuchterscheinungen ist.

»Wir sind seit über einem Jahrzehnt auf der Suche nach den stärksten kosmischen Explosionen, und diese ist eine der hellsten, die wir je gesehen haben«, sagt Nicholl. »Normalerweise verblasst eine sehr helle Supernova innerhalb eines Monats auf etwa die Hälfte ihres Höchstwerts. In der gleichen Zeitspanne ging der Wert bei AT2022aedm auf weniger als ein Prozent der Spitzenhelligkeit zurück. Es ist praktisch verschwunden!«

Das Team bemerkte die Explosion zuerst mit Hilfe des ATLAS-Netzwerks automatisierter Teleskope auf Hawaii, in Chile und Südafrika. Sie scannen jede Nacht den gesamten sichtbaren Himmel, um nach Objekten zu suchen, die sich bewegen oder in ihrer Helligkeit verändern. Wenige Tage nach dem ersten Auftauchen von AT2022aedm bekam die Arbeitsgruppe dann weitere Daten über das New Technology Telescope in Chile. Und diese legten nahe – zusammen mit weiteren Beobachtungen rund um die Erde –, dass eine Supernova entgegen allen Erwartungen nicht als Auslöser in Frage kommt.

Der Ort der Explosion war ebenfalls eine große Überraschung. »Unsere Daten zeigen, dass dieses Ereignis in einer massereichen, roten Galaxie stattfand, die zwei Milliarden Lichtjahre entfernt ist. Diese Galaxien enthalten Milliarden von Sternen wie unsere Sonne, aber keiner sollte massereich genug sein, um in einer Supernova zu enden«, sagt Shubham Srivastav von der Queen's University.

Ein Vergleich historischer Daten erbrachte nur zwei weitere kosmische Ereignisse mit ähnlichen Eigenschaften: in den Jahren 2009 und 2020. Der umfangreiche Datensatz, der für AT2022aedm gewonnen wurde, zeigt, dass es sich um eine neue Art kosmischer Ereignisse handeln muss. »Wir haben diese neue Klasse von Leuchtquellen ›Luminous Fast Coolers‹ oder LFCs genannt. Das hat zum Teil damit zu tun, wie hell sie sind und wie schnell sie verblassen und abkühlen. Gleichzeitig sind einige der Forscher große Fans des FC Liverpool. Es ist ein schöner Zufall, dass unsere LFCs rote Galaxien zu bevorzugen scheinen!« (Anm. d. Red.: Der FC Liverpool wird auch die »Reds« wegen der Trikotfarbe der Heimtrikots genannt.)

Als wahrscheinlichste Ursache für das Ereignis vermuten Nicholl und Co, dass ein kleines Schwarzes Loch mit einem Stern kollidiert ist. Bei einem extrem massereichen Schwarzen Loch wäre das Signal wieder anders ausgefallen. Die Suche nach LFCs soll deshalb intensiviert werden, um diese Hypothese zu be- oder zu widerlegen. Dabei wollen sich die Wissenschaftler auf dichte Sternansammlungen konzentrieren, wo derartige Kollisionen wahrscheinlicher sind.

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