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Meeressäuger: Geheimnisvoller Wal gibt ein Geheimnis preis

Schnabelwale zählen zu den am wenigsten erforschten Großsäugern der Erde: Sie leben in entlegenen Regionen und tummeln sich oft in der Tiefsee. Doch eine Region bildet eine Ausnahme.
Eine Gruppe Schnabelwale taucht im Meer vor den Commander Islands auf. Der Himmel ist grau, das Wasser düster
Untypisch für die Art schwimmen hier einige Baird-Schnabelwale in flacheren Gewässern vor den russischen Kommandeurinseln.

Mindestens 24 Arten an Schnabelwalen leben in den Meeren der Erde und nach wie vor entdecken Biologen neue Spezies: Diese Meeressäuger leben in einigen der am wenigsten erforschten Regionen der Ozeane und halten sich immer wieder lange in der Tiefsee auf. In der Forschung weiß man daher relativ wenig über diese Tiere. Eine Gruppe von Baird-Schnabelwalen (Berardius bairdii) überraschte jedoch ein Team um Olga Filatova von der Universität Süddänemark: Diese Walschule konnte zwischen 2008 und 2019 regelmäßig in flacheren Gewässern rund um die russischen Kommandeursinseln im Nordpazifik beobachtet werden (Covid-19 und der Angriff auf die Ukraine verhinderten danach weitere Forschungsfahrten). Über ihrer Ergebnisse berichtet die Arbeitsgruppe im Journal »Animal Behaviour«.

Ursprünglich wollten Filatova und Co in der Region Buckel- und Schwertwale erforschen, doch dann fiel ihnen auf, dass mehrere Dutzend Schnabelwale regelmäßig diesen Bereich vor den Inseln aufsuchten. Nach mehreren Jahren schlossen sie dann, dass es sich um eine ortstreue Population handelt, die eine gemeinsame Gruppe bildet, die aus mindestens 79 Tieren besteht. Im Laufe der Jahre beobachteten die Forscher zudem weitere 107 Individuen, die auf der Durchreise waren und überwiegend nur kurze Zeit vor den Inseln verbrachten.

61 der Tiere interagierten jedoch auch mit den ortstreuen Schnabelwalen und sieben folgten diesen sogar in die flacheren Küstengewässer, die sie sonst meiden. Das deute auf eine persönliche Entwicklung und den Austausch kultureller Traditionen zwischen den Schnabelwalen hin, so Filatova und Co. »Die Durchreisenden sind mit den örtlichen Gegebenheiten nicht so vertraut wie die Einheimischen und suchen daher normalerweise in den für ihre Art üblichen Tiefen nach Nahrung«, sagt die Biologin: »Wir haben aber tatsächlich einige Durchreisende im flachen Bereich beobachtet. Dabei handelte es sich um Individuen, die in irgendeiner Form sozialen Kontakt mit den Bewohnern hatten. Durch diesen Kontakt müssen sie das flache Wasser und seine Vorteile kennen gelernt haben.« Sie kopieren und erlernen also das Verhalten ihrer Artgenossen – wie wir das von anderen Walarten wie Orcas ebenfalls kennen.

Was sie genau in den flacheren Gewässern suchen, ist allerdings noch unbekannt, es hängt aber wahrscheinlich mit Nahrungsgründen zusammen. Die höchste Anzahl von Baird-Schnabelwalen im flachen Wasser stellte das Team in einem Gebiet fest, in dem sich die Schelfkante von der Küste zurückzieht und weniger steil wird. Das ergibt einen geeigneten Lebensraum für Grundfische und Wirbellose in relativ geringer Tiefe, aber jenseits der Schelfkante, die Baird-Schnabelwale fast nie aufsuchen. Dies ermöglicht es den ansässigen Walen in relativ geringer Tiefe zu fressen und weniger Energie beim Tauchen zu verbrauchen – was letztlich wiederum einen evolutionären Vorteil bietet und dieser Tradition zugutekommt. Über Weitergabe innerhalb der lokalen Baird-Schnabelwalgemeinschaft bleibt sie dann erhalten.

Eine verwandte Art, der Cuvier-Schnabelwal (Ziphius cavirostris), hält einige Rekorde unter den Meeressäugern: Bei keinem anderen Wal konnte man bislang einen tieferen (knapp 3000 Meter) und längeren (222 Minuten) Tauchgang nachweisen.

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